Sammellust und Sammellast Strategien und Praktiken des Sammelns in der Österreichischen Mediathek Gabriele Fröschl, Christina Linsboth 15 Schlägt man im Duden den Begriff„sammeln“ nach, erfährt man folgendes: Sammeln bedeute,„Dinge, für die man sich interessiert, zusammen[zu]tragen“, sie zum Beispiel wegen ihres Wertes oder ihrer Schönheit „aufzuheben“ und das womöglich„in einer bestimmten Ordnung“ zu tun. Sammeln heiße auch, etwas über einen längeren Zeitraum hinweg„an einer bestimmten Stelle zu einer größeren Menge zusammenkommen zu lassen“ oder auch,„verschiedene Leute[zu] bitten, etwas zu geben“, um auf diese Weise„eine größere Menge davon zusammen[zu]bekommen“. 1 Damit sind einige Aspekte angesprochen, die in groben Zügen ebenso auf das Sammeln in Gedächtnisinstitutionen zutreffen. Im folgenden Beitrag gehen wir der konkreten Praktik des Sammelns im audiovisuellen Archiv nach. Wir zeigen, dass Sammeln nicht um des Sammelns Willen geschieht, sondern dass es im Rahmen gesetzlicher und kulturpolitischer Vorgaben, auf Basis wissenschaftstheoretischer Überlegungen und in Wechselwirkung mit technischen Möglichkeiten und sozialen Praktiken erfolgt. Archiv, Bibliothek, Museum In der Alltagssprache ist der Begriff„Archiv“ weit verbreitet: Ein Aktenschrank, in dem kaum benötigte Unterlagen verwahrt werden, wird genauso als„Archiv“ bezeichnet wie eine Ansammlung von Gegenständen und Schriftstücken, die mit der Tätigkeit einer Organisation zu tun haben, oder der Bereich auf einer Website, in dem ältere Beiträge abgelegt werden. Die meisten Menschen haben eine Idee, was sich hinter dem Begriff verbergen könnte. Der Archivar und Medienhistoriker Edgar Lersch spricht in diesem Zusammenhang sogar von einem„schillernden“ Begriff, der „mehrdeutig und rechtlich nicht geschützt“ sei. 2 Das Allgemeinwissen darüber, was genau ein Archiv und seine Aufgaben sind und was es von den beiden benachbarten Institutionen Bibliothek und Museum unterscheidet, Schellacks in den Archivräumen der Österreichischen Mediathek,© Österreichische Mediathek, Rainer Hubert