117 Die Provenienzforschung selbst hat sich weiterentwickelt: So werden nicht mehr nur die Erwerbungen der Vergangenheit erforscht. Auch bei Neuan­nahmen von Objekten, die vor 1945 erzeugt worden sind, wird möglichst lückenlos untersucht, ob es sich nicht um NS-Raubgut handelt. Neben den Objekten im Eigentum des Museums rücken zunehmend Leihnahmen in den Fokus der Provenienzforschung: Es erweist sich als notwendig, auch jene Familien von NS-Opfern zu verständigen, die den Mu­seen vor 1938 Leihgaben übergeben haben. Zwar sind diese Objekte de facto noch immer im Besitz dieser Familien, doch ist in vielen Fällen infolge von Vertreibung und Holocaust das Wissen darüber verloren gegangen. Neu in den Fokus der Forschung sind auch arisierte Kraftfahrzeuge gerückt: Im Mai 2013 wurde der Öffentlichkeit erstmals eine Online­Datenbank zumNS-KFZ-Raub präsentiert. Sie wurde im Zuge eines Forschungsprojekts mit dem TitelEntzug und Restitution von Kraftfahrzeu­gen und die sozio-ökonomischen Folgen. Aspekte zur Verkehrsgeschichte Österreichs 1930–1955 in Kooperation mit der Israelitischen Kultusgemeinde Wien erstellt. Durch Hinweise von Nutzer/-innen sowie durch weitere Recherchen konnte die Datenbank der entzogenen Kraft­fahrzeuge weiter aktualisiert und auf andere Regionen des ehemaligen Deutschen Reiches erweitert werden. Sie soll auch in Zukunft systema­tisch erweitert werden. Eine Hauptaufgabe der Provenienzforschung bleibt aber weiterhin aktuell: Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sollen die auf der ganzen Welt verstreut lebenden Nachkommen der ursprünglichen Eigentümer ausfindig gemacht und bezüglich ihrer Ansprüche verständigt werden.