33 neue Ausrichtung ihrer bisherigen Produktion. Unter anderem war die Versorgung mit den Rohmaterialien nicht sichergestellt, und die Umstel­lung der Maschinen und der Arbeitsabläufe auf eine neuartige Faser hätte erhebliche Investitionen erfordert. Zu den offenbar wenigen größeren Firmen, die sich hier auf Experimente einließen, zählte das alteinge­sessene Unternehmen Benedict Schrolls Sohn. Die Teilhaber besaßen unter anderem Fabriken in den böhmischen Ortschaften Braunau-Ölberg (Broumov-Olivětín) und Halbstadt(Meziměstí). Sie verarbeiteten die Faser der Großen Brennnessel(Urtica dioica). Ende des Jahres 1917 übersandte die Firma dem Museum neben weiteren Proben bedruckte Muster von Nesselgeweben. Damals erzeugte bereits eine Reihe von Betrieben Textilien aus Papier­garn. Der dafür notwendige Grundstoff, die Natronzellulose, stammte zu einem erheblichen Teil von der Gräflich Henckel von Donnersmarckschen Papierfabrik Aktiengesellschaft in Frantschach im Kärntner Lavanttal. Auch dieses Unternehmen übermittelte dem Museum Proben reiner und ge­mischter Papiergarngewebe, darunter Teppichmuster. Weitere Ersatzmaterialien stellte Bernhard Kohnstein, der Leiter der Lehr­und Versuchsanstalt für Lederindustrie im 17. Wiener Gemeindebezirk, zur Verfügung. Dazu zähltenKriegsschuhe mit Oberteilen aus Lederabfällen und Holzsohlen sowie weitere Sohlen aus Ersatzstoffen. 11 Mit fortschreitender Dauer des Krieges und dem damit verbundenen zunehmenden Rohstoffmangel stieg die Bedeutung von Ersatzmitteln aller Art weiter an. Gleichzeitig verschlechterte sich ihre Akzeptanz in der Bevölkerung. Um dieser Entwicklung gegenzusteuern, planten verschie­dene Stellen eine größere Schau zu diesem Thema. Sie sollte im Wiener Prater stattfinden, wo bereits mehrereKriegsausstellungen über die Bühne gegangen waren. Während der Vorbereitungen wandte sich der Niederösterreichische Gewerbeverein an das Museum und ersuchte um die Überlassung von Objekten. Die Verfasser verwiesen darauf, dass die Militärverwaltung vor allem an Ersatzmetallen aus den Beständen des Museums interessiert war. 12 Die Leitung nannte in einem Antwortschrei­ben Türklinken und Schilder aus Eisen, Wasserarmaturen und Erzeugnis­se der elektrotechnischen Industrie als mögliche Ausstellungsstücke. 13 Die Schau fand schließlich im Zeitraum von Mai bis August des letzten Kriegsjahres statt. Das Museum wurde zwar im Begleitkatalog als teilneh­mende Institution erwähnt; doch geht nicht hervor, mit welchen Objek ­ten es vertreten war. 14