26siedelte mit ihm nach Wien. Der gesamte Hausrat, Materialien und dieWerkstatteinrichtung wurden„verladen und von Augsburg über den Lechund die Donau nach Wien transportiert.“3Die erste Wohnadresse war aufder Landstraße 301„Zur roten Rose“. Gemeinsam mit ihrem um siebenJahre jüngeren Bruder Matthäus führte sie das Klavierbauunternehmen bis1802 weiter. Dann trennten sich die Geschwister, da es zwischen JohannStreicher und ihrem Bruder des Öfteren zu fachlichen Auseinandersetzungen in„klavierbautechnischen Belangen“4kam. Nannette konnte sich indiesem von Männern dominierten Handwerk einen ausgezeichneten Ruferarbeiten. In Wien gab es um 1800, neben vielen anderen Instrumentenbauern, die sehr berühmten Werkstätten von A. Walter und J. Schantz,jedoch galten die Fortepianos aus der Werkstatt Stein(später Streicher)als die besten dieser Zeit und waren gegenüber den anderen Pianos sogargünstiger(ab 66 Dukaten) zu erwerben. Kenner beschrieben den Klangder Streicherpianos als lieblich und melodiös. Die bis dahin erzeugtenInstrumente wurden mit„Frère et Soeur Stein d´Augsbourg á Vienne“signiert. Im Dezember 1802 ließ Andreas Streicher in der Leipziger„Allgemeinen musikalischen Zeitung“ folgende Anzeige veröffentlichen:„Unterzeichneter benachrichtigt hiemit das Publikum, dass seine Gattin,geborene Nannette Stein, in Zukunft unter ihrem eigenen Namen, dieVerfertigung von Klavierinstrumenten besorgt.“5Die Instrumente wurdendann mit„Nannette Streicher, nèe Stein“ signiert.Schon sehr früh erkannte die Klavierbauerin, dass Qualitätsarbeit und einsehr guter Ruf wichtig für ihr Unternehmen waren. Die Trennung von ihremBruder Matthäus, die auch in den Zeitungen ihren Niederschlag fand,hatte keine negative Auswirkung auf ihren Ruf. Strategisches Denken undgute Marktkenntnisse sowie gesellschaftliches Netzwerken legten denGrundstein für ihr florierendes Unternehmen. Um auch im Bau der Instrumente gegen die Konkurrenz bestehen zu können, verfeinerte sie gemeinsam mit ihrem Mann ihr technisches Wissen immer weiter. Gekonnt bautesie ein großes Netzwerk an Repräsentanten im deutschsprachigen Raumauf.„So gewagt es auch scheinen mochte, dass sich eine Frau, Mutter vondrei6Kindern, an die Spitze eines der schwierigsten Geschäfte stellte, sobestand ihr Gatte dennoch darauf, da sie die genaueste Kenntniß derjenigen Mechanik hatte, die einem Pianoforte erst den eigentlichen Werthverleiht(…).“7Der Zeit entsprechend oblag die Leitung und die Aufsichtdes Unternehmens dennoch ihrem Gatten.Zur Zeit des Wiener Klassizismus war das häusliche Musizieren en vogue.Das Klavier erlebte einen Aufschwung und die Nachfrage nach Klavieren