58 Privatwohnungen, stattfinden. Hervorragende Vortragende konnten für die Lehre gewonnen werden und gleichgesinnte intellektuelle Zuhörerinnen gehörten neben Marya Sklodowska zu den ersten Studentinnen. Auch sie bereitete sich auf diese Weise auf ein Studium im Ausland vor. Neben der Fliegenden Universität gab es in den anderen polnischen Städten wie Krakau, Posen, aber auch Warschau sogenannteLesesäle für Frauen. Diese wurden von Frauen initiiert und gestiftet, und hier hatten nur Frauen Zugang zu wissenschaftlicher Literatur. Anders zeigte sich die Situation in der Schweiz. Seit 1863 konnten Frauen an der Züricher Universität inskribieren. Viele Studentinnen stammten aus dem Ausland, unter ihnen auch 85 russische Frauen, die dort ihr Medizin­studium absolvierten. So erwarb Gabriele Possanner in der Schweiz als erste Österreicherin ihren Doktortitel. Zwar erließ Kaiser Franz Joseph I. eine Verordnung zur Nostrifizierung im Ausland getätigter Studienabschlüsse, welche die Berufsausübung ermöglichte. Im Gegensatz zu den männli­chen Kollegen, durfte Gabriele Possanner jedoch erst nach neuerlicher Ablegung der Rigorosen als praktische Ärztin in Wien arbeiten und war bis 1903 die einzige Ärztin an einer k.k. Krankenanstalt. Naturwissenschaftliche Fakultät. Erstes Semester. Die Vorlesungen an der Sorbonne beginnen am 3.11.1891. 1 So stand es am Schwarzen Brett der zu dieser Zeit berühmtesten Universität Frankreichs. Für Marya Sklodowska wurde damit ein lang gehegter Wunsch wahr. Nach den Jugendjahren in einem besetzten Land und der finanziell prekären Situation ihrer Familie war es für sie unendlich befreiend, sich nur auf sich und die Studien zu konzentrieren. Sie vermerkte:Ein Wunder, dass in den Schaufenstern der Buchhandlungen ganz offen Werke ausliegen, die daheim streng verboten sind. 2 Ihre Studentinnenkarte lautete jetzt aufMarie Sklodowska 3 . . Die Sorbonne zählte zu dieser Zeit rund 9000 Studierende, darunter nur 250 Studentinnen. Weibliche Studenten wurden oft alsBlaustrümpfe, als brillentragendeLehrerinnen belächelt und manchmal wurde ihnen auch das selbstständige Denken aberkannt. Dies fußte u. a. auf der vermeintlich wissenschaftlichen PublikationÜber den physiologischen Schwachsinn des Weibes, in der Paul Möbius im Jahr 1901 mittelsmedizinischer Be ­weise die weibliche Unfähigkeit zu denken, zu belegen versuchte. 1893 absolvierte Marie die beste Lizentiatenprüfung in Physik, ein akade­mischer Grad, der sie zur Lehre befähigte, 1894 die zweitbeste in Chemie und das in einer Sprache, die nicht ihre Muttersprache war.Ausgestattet mit eherner Willenskraft, dem Wunsch stets das Höchste zu leisten und