76 Frauenfrage und die unterschätzte Wirkung herabwürdigender Literatur gegenüber Frauen. Umso mehr dankte sie jenen Frauen, die sich aktiv für die Gleichberechtigung einsetzten. Übermäßiges Denken macht Frauen krank Im Österreichischen Staatsgrundgesetz von 1867 wurde das Recht auf Bildungsfreiheit für beide Geschlechter festgelegt. Damit war Frauen das Studieren an der Wiener Universität de jure erlaubt, de facto jedoch kaum möglich. Eine höhere Ausbildung erlangten Frauen in denHöheren Töchterschulen, doch diese berechtigten die Absolventinnen nicht zum Studium. In Ermangelung von Mädchengymnasien fand die Förderung mittels Privatlehrern im häuslichen Umfeld statt. Reifeprüfungen konnten nur extern abgelegt und ein Studium nur in jenen Ländern begonnen wer­den, die Frauen Zugang zur Universität gewährten. Zum Beispiel ließ die Universität Zürich ab 1863 ausländische Frauen zu. Es bedurfte vieler VorkämpferInnen, um jene Rechtsverhältnisse zu schaf­fen, welche Frauen die gleichen Bildungschancen eröffneten. Argumente aus männlich-wissenschaftlicher Sicht versuchten die geschlechtlich ein­gefärbten Mythen zu untermauern. NebenFrauen als volkswirtschaftliche Gefahr durch das Eindringen in männliche Berufsfelder scheute man sich nicht, auf neuesteneurowissenschaftliche Pseudo-Erkenntnisse zurück­zugreifen. Demnach ist also nachgewiesen, dass für das geistige Leben ausseror­dentlich wichtige Gehirntheile, die Windungen des Stirn- und des Schlä­fenlappens, beim Weibe schlechter entwickelt sind als beim Manne, und dass dieser Unterschied schon bei der Geburt besteht, schrieb Dr. Paul Julius Möbius(Doktor der Philosophie und Medizin) 1903 in seinem Werk Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 21