91 Nutzungskonzepte liegen der Typisierung und Normierung zu Grunde, die trotz aller Generalisierung den Menschen in seinen Lebenssituationen vom Kleinkind über den Schüler bis zum Erwerbstätigen berücksichtigt. Ein Meilenstein ihrer Karriere war die Entwicklung der„Frankfurter Küche“. Der von ihr für das„Neue Frankfurt“ gestaltete Küchentypus stellte die erste seriell gefertigte Einbauküche dar. Sie war als reine Arbeitsküche geplant. Die Rationalisierungsbestrebung, ausgehend von den USA mit dem Fordismus, wurde erstmals von Christine Frederick auf den häuslichen Bereich übertragen:„Prüfen wir also, was wir aus dem Reich des Mannes, der Erzeugungswirtschaft, für uns auswerten können.“ 4 Hierauf berief sich auch Margarete Schütte-Lihotzky. Folgende Überlegungen prägten diesen Küchentypus:„Ich war überzeugt, dass das Streben nach ökonomischer Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung der Frau Allgemeingut werden wird, dass deshalb die Rationalisierung aller Hauswirtschaftsarbeit zur zwingenden Notwendigkeit wird.“ 5 Ihr Anliegen, Frauen mit der Dreifachbelastung Haushalt, Kinder und Beruf durch Arbeitsersparnis Erleichterung zu verschaffen, wurde von kritischen Stimmen hinterfragt. Es wurde bemängelt, sie würde die niedrigen Löhne und die kapitalistische Wirtschaftsordnung nur noch zementieren helfen 6 und somit den Weg zur Gleichberechtigung der Frau verzögern. 1930 heiratete Margarete den Architekten Wilhelm Schütte und blieb bis 1951 mit ihm verheiratet. Gemeinsam gingen sie in die Sowjetunion, wo sie eine Berufung an die Akademie für Architektur erhielt. Ihre Arbeitsschwerpunkte dort waren„Kinderanstalten“. 7 Als einzige Frau arbeitete sie im Architektenteam für die Wiener Werkbundsiedlung, 1933 wurden ihre Arbeiten auf der Weltausstellung in Chicago ausgestellt. In Moskau nahm sie an politischen Kursen teil und setzte sich theoretisch mit der Lehre von Karl Marx auseinander. Der Theorie sollte bald die Praxis folgen. Mit Bestürzung verfolgte Schütte-Lihotzky das Geschehen in Hitlerdeutschland. Für sie war es selbstverständlich, hier politisch aktiv zu werden und sich dem Widerstand anzuschließen. 1937 verließ sie mit ihrem Mann die zur Heimat gewordene Sowjetunion. Das Paar kam über Vermittlung von Bruno Taut, einem deutschen Architekten, der bahnbrechend für den Wohnungsbau in der Zwischenkriegszeit war, nach Istanbul. Als Professor an der„Académie des Beaux Artes“ und Leiter eines Bauplanungsbüros von Erziehungsbauten für das türkische Unterrichtsministerium
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Wäre Ada ein Mann ... : Frauen in Technik, Naturwissenschaften und
Medien / Gabriele Fröschl, Barbara Hafok, Beatrix Hain, Johannes Kapeller, Renée Winter
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