11 Warenkundesammlung und Fabriksprodukten-Kabinett Zwei Kernsammlungen des Technischen Museums Wien Die Warenkundesammlung(im Folgenden: WKS) ist eine der umfang­reichsten Teilkollektionen des TMW. In der Objektdatenbank weist sie fast 25.000 Datensätze auf, das entspricht mehr als einem Zehntel der Gesamt­bestände. Die WKS enthält, soweit bislang eruiert werden konnte, Gegen­stände aus dem Zeitraum von 1873 bis 1978. Bis heute ist sie außerhalb des Museums nur wenig bekannt. Zur Schilderung ihres Charakters bietet sich der Vergleich mit einer anderen großen TMW-Sammlung an, dem Fabriksprodukten-Kabinett(im Folgenden: FPK). Der Gründung des FPK gingen Beratungen über eine Förderung der gewerblichen Wirtschaft in der Habsburgermonarchie voraus. 1807 äu­ßerte Kaiser Franz I. in einem Schreiben den Wunsch, zu erfahren, welche Produkte in Österreich hergestellt wurden. Zu diesem Zweck ließ er die Besitzer von Betrieben auffordern, Muster ihrer Erzeugnisse einzusenden. In den folgenden Jahrzehnten gelangten aus dem großen Raum zwischen Bregenz und Czernowitz bzw. zwischen Reichenberg und Ragusa viele tausend Rohstoffproben sowie Halb- und Fertigfabrikate nach Wien. Hier wurden sie am 1815 gegründeten Polytechnischen Institut, dem Vorläufer der heutigen Technischen Universität, aufbewahrt und für Interessenten, darunter Gewerbetreibende und Kaufleute, zur Schau gestellt. Die meisten Gegenstände kamen aus den wirtschaftlich fortgeschrittensten Regionen, aus Lombardo-Venetien, Niederösterreich und Wien sowie aus Böhmen und Mähren. Der Osten des Landes mit dem ungarischen Kernland und der Süden waren dagegen nur spärlich vertreten. Im Jahr 1838 zählte die Sammlung bereits rund 16.000 Nummern. Offen­bar schickten die meisten Erzeuger ihre Waren ohne aufwendige Präsen­tation nach Wien. Am Polytechnischen Institut wurden viele von ihnen, vor allem Proben von Textilien, Leder und Papier, auf Mustertafeln in einem recht einheitlichen Design befestigt. Die meisten dieser Tafeln erhielten Beschriftungen mit Informationen über Hersteller, Ort und Jahr der Erzeu­gung sowie zu den Objekten, mitunter auch mit technischen Details. In einer gewissen Konkurrenz zum FPK legte außerdem Kronprinz Ferdinand ein weiteres umfangreiches technisches Kabinett an, das ebenfalls Aufnah­BEDRUCKTE SCHAFWOLLSTOFFE, Casimir Chazel, Perchtoldsdorf bei Wien, 1845, Inv.Nr. 36653