69Die Festlegung von Qualitäten, die Klassifizierung von Rohstoffen undProdukten, die Suche nach Ähnlichkeiten und Unterschieden sind zentraleAnliegen der Warenlehre. Denn nach diesen Kriterien bemisst sich u.a. derVerkaufswert gehandelter Güter. Eine größere Zahl von Objektbezeichnungen in der Sammlung verweist darauf. Neben Hinweisen auf herausragendeEigenschaften finden sich auch einige Belegstücke für mindere Qualitätenund deren Ursachen. So werden schädliche Tiere und Pflanzen veranschaulicht, andere Objekte weisen„ordinäre“(also gewöhnliche) Waren ausoder stehen für Hemmnisse bei technischen Anlagen, z.B. Kesselstein oderPfannenstein.Ein wichtiger Begriff ist ferner die„Echtheit“ einer Ware. Immer wiederhaben sich Produzenten bemüht,„Originale“ durch Nachahmungen zuersetzen. War ein Stoff nur in geringen Mengen vorhanden oder stieg seinPreis etwa infolge erschwerten Handels, ungünstiger Wetterbedingungenoder durch zunehmenden Gebrauch, sahen sich die Erzeuger gerne nachAlternativen um. Wird eine Substanz durch eine andere ersetzt, handeltes sich um ein„Surrogat“. Wird eine Oberfläche nachgeahmt, scheint dieBezeichnung„Imitat“ naheliegend. Die Übergänge sind allerdings fließend.Die Käufer von Surrogaten und Imitaten erwarben preiswertere Güter undnahmen dafür mit geringeren Qualitäten vorlieb. Hier stellt sich die fürGeschichte und Gegenwart des Konsums interessante Frage, inwieweit siesich des Umstands bewusst waren, dass es sich nicht um„echte“ Warenhandelte. Manche Objekte der Sammlung sind dezidiert als„Fälschungen“gekennzeichnet; hier lag also absichtliche Täuschung vor.Seit der Industrialisierung vervielfachte sich die Zahl der hergestellten Waren. Dadurch fielen weitaus größere Mengen Abfälle an als zuvor. Da sie sichoft an den Orten der Produktion häuften und somit in konzentrierter Massezur Verfügung standen, wurden Überlegungen angestellt, diese Reststoffefür andere Zwecke weiter zu nutzen. Auch zu diesem Thema finden sicheinige Proben. Seit dem 19. Jh. erfuhr ferner die Bewerbung von Wareneinen enormen Aufschwung. Der österreichische Jurist und Ökonom ViktorMataja widmete sich 1910 als einer der Ersten in einem umfassenden Werkden vielen Spielarten der„Reklame“. Sie ist in der Sammlung überwiegendauf Produktverpackungen präsent.INDIGO ordinär und mittel,um 1900, Inv.Nr. 87388/1 und 87387/1