110 Textilien Der BegriffTextilien wurde offenbar erst im frühen 20. Jh. geprägt. Er bezeichnet längliche Gebilde wie Garne und Seile, flächige Produkte (etwa Stoffe und Netze), räumliche Konstruktionen(Schläuche, Strümpfe) und lockere Materialien ohne besondere Struktur(Watte, Rosshaar). Lie ­feranten bzw. Ausgangsstoffe für Textilien sind Pflanzen(z.B. Baumwolle, Sisal), Tiere(Schafe, Seidenraupen), natürliche(Zellulose, Gummi) und synthetische Polymere(Polyamid, Polyester) sowie anorganische Natur­fasern und Werkstoffe(Glas, Metalle). Textilien werden überwiegend durch Fügetechniken erzeugt, beispiels ­weise durch Spinnen, Weben, Stricken, Knoten und Filzen. Durch verschie ­dene Hilfsstoffe werden sie weicher oder fester, gewinnen Glanz, knittern weniger, weisen Wasser oder Feuer ab. Ihre Produktion für Bekleidungs ­zwecke steht gewöhnlich im Vordergrund der Betrachtung. Textilien finden aber auch breite Anwendung im Haushalt(z.B. Möbelbezüge) und im Bau ­wesen(Dämmstoffe), für hygienische und medizinische Zwecke(Verbän ­de), zum Halten und Heben(Seile, Gurte) sowie für Verbundmaterialien (faserverstärkte Kunststoffe). Textilien für Kleidungszwecke bieten Schutz vor der Witterung und vor Verletzungen. Die ältesten erhaltenen Gewebe werden auf 6500 Jahre geschätzt. Textilien dienen zur Unterscheidung von Geschlechtern und Ethnien sowie zur sozialen Distinktion, etwa durch ihre Ausgangsmateria­lien, die Verarbeitung und die Symbolkraft von Farben. Ihre Produktion zählte über lange Zeiträume zu den häufigsten Techniken in den Haushal ­ten. Oftmals Sache von Frauen und Kindern, weist die Textilarbeit tenden ­ziell ein geringes soziales Ansehen auf. Wo aber die Ansprüche begüterter Käuferschichten zu erfüllen sind, färbt dies auch auf die Erzeuger ab und nötigt zu Respekt gegenüber ihren Fertigkeiten. Die Mechanisierung des Haspelns in den Seidenmühlen und der Fügetechniken bildeten einen we ­sentlichen Faktor der industriellen Revolution bzw. der Industrialisierung überhaupt. Darüber hinaus trug der Bedarf an Hilfsmitteln wesentlich zur Entwicklung der chemischen Technologie bei. Der Siegeszug der Kleider­mode und damit die Tendenz, Güter des alltäglichen Gebrauchs häufiger als nötig durch andere zu ersetzen, lassen die Welt der Textilien noch umfangreicher erscheinen. Lit.: Koesling 1999