117 Die Reichhaltigkeit und Vielfalt der Warenkundesammlung lenkt den Blick auf Stoffe und Materialien, die bislang in der Geschichtsschreibung sowie in der musealen Präsentation wenig Aufmerksamkeit erfahren haben. Zum Beispiel Torf: Seine Lagerstätten, die Moore, wurden im 18. und 19. Jh. zu­nehmend als Hindernis für eine rationelle Landwirtschaft angesehen. Torf wurde in großen Mengen gestochen und meistens als Brennstoff genützt. In kleineren Mengen fand er auch anderweitige Verwendung. Ein weiteres pflanzliches Produkt, der Kork, ist am ehesten als Verschluss für Glasfla ­schen bekannt. Korkabfälle regten zur Weiternutzung an; ihre kommerziell erfolgreichste Anwendung ist das Linoleum. Harze sind zu einem wesentlichen Teil außereuropäischen Ursprungs. Ihr Gebrauch als Bindemittel reicht sehr weit zurück. Sie finden gewöhnlich Eingang in technische Prozesse und Erzeugnisse, in denen sie anschlie­ßend nicht mehr wahrgenommen werden. Eine Ausnahme ist der fossile, optisch ansprechende Bernstein, der gerne zu Schmuck verarbeitet wird. Der unscheinbare Asphalt ist ein buchstäblich grundlegender Stoff und daher im Alltag durchaus präsent. Er wird oft mit dem Kohlenteer ver ­wechselt, der aufgrund seiner gesundheitsgefährdenden Eigenschaften zumindest als Straßenbelag nicht mehr in Gebrauch steht. Noch radikaler aus dem Produktionsprozess ausgeschieden ist das Mineral Asbest. Seine Karriere umspannt nur einen relativ kurzen Zeitraum von etwa 150 Jahren. Aufgrund seiner besonderen Eigenschaften war Asbest in einer Unzahl von Produkten vertreten. Spiritus bzw. Alkohol(Ethanol) ist in seiner trinkbaren Form eine Substanz mit reicher Geschichte. Weniger bekannt ist seine technische Nutzung; diese nahm im 19. Jh., bedingt durch große Erzeugungsmengen, einen er­heblichen Aufschwung. Aus ähnlichen Grundstoffen wie jenen für Spiritus gewannen viele Hersteller auch Presshefe. Das notwendigste aller dieser Materialien ist der Dünger. Die rasch wachsende Bevölkerung in den Industriestaaten Europas und Nordame ­rikas erzwang die Suche nach neuen Düngerquellen und die Entwicklung innovativer Verfahren zu seiner Produktion. Der technische Durchbruch erfolgte zu Beginn des 20. Jhs. Auf ihm beruht im Wesentlichen bis heute die Erzeugung von Dünger. HARZE, WACHSE, LACKE(Detail), Deutsche Lackfabriken W. Megerle, Wien, um 1900, Inv.Nr. 53747