74 seinem Wunsch Ausdruck, dass sein Sohn für den Fall, dass er im Krieg sterben sollte, wenigstens seine Stimme noch hören könne. Er nimmt Be­zug auf dasideale, freundschaftliche Verhältnis zu seinem eigenen Vater, von dem er im Alter von 18 Jahrenfür immer Abschied nehmen musste und dessen Stimme zu hören er sich danach immer wiederbrennend wünschte. Seinem eigenen Sohn wünschte er, sich niemalseinsam oder irgendwie verlassen zu fühlen, dassdeine mit Tugenden ausgezeich­nete Mutter den ersten Platz in deinem Herzen einnehmen und immer behalten solle. Seine alsVater innige Liebe zu dir, die, Zeit und Raum überwindend, ewig ist, möge dich auf deinem Lebensweg begleiten, sie soll dich leiten bei all deinem Tun und Lassen. Sie solle ihmTrost und Stärkung geben in bangen Stunden der Bedrängnis und als ein kleiner Sonnenstrahl freudige Tage ihmverschönern. Der Sprecher schloss mit den WortenGott schütze dich, meinen lieben, lieben Buben. Alfred Z. überlebte laut Auskunft seines Sohnes und Übergebers des Feldpostbriefes glücklicherweise sowohl den Fronteinsatz als auch den Zweiten Weltkrieg. Rundfunkaufnahme: Karl Renners Neujahrs­ansprache zum Jahreswechsel 1945/1946 Karl Renner spricht in seiner Neujahrsrede zum 1. Jänner 1946 vom Schicksalsjahr 1945 und vom Ende der Weltkatastrophedieses sieben­jährigen Krieges. Wie es in der Nachkriegszeit gängige Praxis war, spricht auch Karl Renner davon, dass die Aufarbeitung der Vergangenheit den Historikern und Politikernspäterer Jahre, wenn die Zeit ruhiger Besin­nung gekommen ist, überlassen bleibe. Als beachtlich sieht Karl Renner an, dass in den sieben Monaten seit April bzw. Mai 1945 Österreich als Staat und Nation wiedererrichtet worden sei. Für 1946 sieht er als wich­tige Aufgaben, die Friedenswirtschaft wiederherzustellen und das Land vomFaschismus und Nazismus zusäubern. Die Volksvertretung solle sorgfältig zwischenHaupt- und Minderschuldigen und Schuldigen und Unschuldigen unterscheiden. Für besonders wichtig hält Renner die Bewerkstelligung des wirtschaftli­chen Aufbaus: Zu diesem Zweck solle der Staat dievolle Verfügungsge­walt über alle Wirtschaftsmittel erhalten, dieheute in weitem Maß in Verfügung der Okkupationsmächte stehen würden. Besonders eindringlich schildert Renner die Hoffnung, die er mit der von der Sowjetunion für Mai 1946 in Aussicht gestellten Friedensverhand-