Ausgrenzung Beraubung Vertreibung Ermordung von Juden 13 Im christlichen Abendland wurden Juden seit Jahrhunderten als Christus-Mörder verfolgt. Der traditionell christlich-religiös motivierte Judenhass bekam in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch den Rassenantisemitismus eine moderne Spielart. Während der religiöse Anti­semitismus wenigstens noch die Möglichkeit bot, durch einen Reli­gionswechsel Hass und Verfolgung zu entkommen, ließ der Rassenanti­semitismus überhaupt keinen Spielraum mehr zu. Für seine Anhänger defi­nierte sich das Judentum über Geburt und Abstammung und nicht über das persönliche religiöse Bekenntnis. Die Nationalsozialisten übernahmen diesen Rassenantisemitismus und machten ihn zum Grundpfeiler ihres politischen Denkens und Handelns. Seit Gründung der NSDAP wurden dieJuden zumFeindbild des Deut­schen Volkes aufgebaut und für alle negativen Entwicklungen in der Ge­sellschaft verantwortlich gemacht. Der Rassenhass der Nationalsozialisten fiel bei der deutschen und öster­reichischen Bevölkerung, die nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg und der schweren Wirtschaftskrise der 1920er- und 1930er-Jahre von Zu­kunftsängsten und Identitätskrisen geplagt war, auf fruchtbaren Boden. Die Stigmatisierung und Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung war der erste Schritt, der zu Beraubung, Vertreibung und Ermordung führte. Wer Jude war oder nicht, regelte im Denken der Nationalsozialisten allein die Abstammung. Personen, die drei oder vier jüdische Großeltern besa­ßen, galten alsVolljuden und sollten aus der staatlichen Gemeinschaft ausgeschlossen werden. Personen mit weniger jüdischen Vorfahren galten alsMischlinge und hatten je nach demGrad eingeschränkte Rechte und Freiheiten. Der Rassenantisemitismus wurde im Deutschen Reich nach 1 NS-PLAKAT in Wien, April 1932