35 restlichen Mitarbeiter galten als unbelastet. Zu ihnen zählte Schützenhofer, dem es gelungen war, von 1930 bis zu seiner Pensionierung 1949 in der Position des Direktors alle politischen Systeme seiner Zeit – die Erste Republik, den austrofaschistischen Ständestaat, das Dritte Reich und die Zweite Republik – zu überstehen. Er war bis zum„Anschluss“ Mitglied der „Vaterländischen Front“ und des„Deutschen Schulvereins“, dann Mitglied des„Nationalsozialistischen Bundes Deutscher Technik“, der„Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt“ und des„Reichsluftschutzbundes“ gewesen. 43 Im Gegensatz zu Ludwig Erhard, der den„Anschluss“ euphorisch begrüßte, verhielt sich Schützenhofer jedoch nach 1938 auffallend zurückhaltend. Die Neuausrichtung des Museums vom„bodenständigen, lebendigen Kulturgut[…] für das Gesamtdeutschtum und für die deutsche im europäischen Südostraum“ 44 hin zur Institution der Völkerverständigung vollzog er bereits in einem Beitrag für eine UNESCO-Zeitschrift 1948. Er schrieb:„Wenn das Wiener Technische Museum[…] den zweiten Weltkrieg nahezu ungeschädigt durchstand, so hat es heute nicht nur seine legitimen Aufgaben zu erfüllen und damit am Wiederaufbau seines Landes mitzuwirken, sondern auch zweifellos die Verpflichtung, aber auch den Willen dazu, die schwergeschädigten Schwesterinstitute Europas im Rahmen der ihm gegebenen Möglichkeiten in ihren Wiederaufbaubestrebungen zu unterstützen und damit dem Gedanken der Völkerverbindung zu dienen.“ 45 Zu Schützenhofers Verabschiedung am 27. Jänner 1950 hielt sein Nachfolger Josef Nagler(1901–1990) eine Rede vor der Belegschaft, in der er die Wandlungsfähigkeit seines Vorgängers noch einmal positiv bewertete:„Wir müssen, so leid es uns tut, wollen wir ehrlich sein, feststellen, daß die Zeit Ihres Direktoriums für Sie nicht immer eine Zeit gewesen ist, die Ihnen viel Freude geboten hat, aber trotzdem haben Sie, sehr verehrter Herr Ministerialrat, jede Zeit gemeistert und sind jeder Situation gewachsen gewesen.“ 46 Nagler hatte nach seiner Tätigkeit in der deutschen Rüstungsindustrie nach 1945 seine Museumsarbeit als Physikkustos fortgesetzt. Er folgte 1950 auf Schützenhofer als dritter Direktor des Museums. Als Wiedergutmachung wurde ab 27. Juni 1945 auch Erich KurzelRuntscheiner wieder als Kustos eingestellt. Aufgrund seiner HeimwehrVergangenheit blieb er vor allem bei den Arbeitern des Museums unbeliebt. Daher teilte ihm Schützenhofer bereits 1945 mit, dass er nur für das Forschungsinstitut für Technikgeschichte wieder eingestellt worden sei und nicht für eine Dienstleistung im Museum in Betracht komme. Diese Regelung blieb auch ab 1. Jänner 1946 in Kraft, als Kurzel-Runtscheiner formal zum Vizedirektor ernannt wurde. 47
Dokument
Inventarnummer 1938 : Provenienzforschung am Technischen Museum
Wien / Christian Klösch
Seite
35
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