66 Die„Europa-Musikinstrumenten-Gesellschaft“ stand im Besitz des am 6. März 1892 in Budapest geborenen jüdischen Kaufmanns Theodor Sternberg. Dieser verlegte 1937 seine Musikalienhandlung in die Mariahilferstraße 53, Wien VI. Nach dem„Anschluss“ Österreichs an das Dritte Reich konnte Sternberg als ungarischer Staatsbürger nach Ungarn flüchten und ließ sich in Budapest nieder. Von Ungarn aus versuchte er seine Musikinstrumenten-Gesellschaft in Wien zu verkaufen. Mit deren Verwaltung beauftragte die Vermögensverkehrsstelle den seit 15. April 1938 tätigen kommissarischen Leiter Karl Honza, der den Besitzern von Leihinstrumenten in Serienschreiben mitteilte:„Falls Sie das Instrument kaufen wollen, bitte ich um Vorschlag, wenn nicht ersuche ich um rascheste Rückstellung.“ 130 Die Korrespondenz zwischen Honza und dem Technischen Museum ist nicht erhalten. Allerdings ist auf einem Lieferschein der Firma Sternberg handschriftlich vermerkt:„Durch Kauf erworben. Pauschalpreis RM[Reichsmark] 160,– 28.12.1938.“ 131 Damit konnte das Museum die Musikinstrumente im Jahr 1938 um weniger als ein Drittel des tatsächlichen Werts erwerben. In weiterer Folge verkaufte die Vermögensverkehrsstelle Sternbergs Geschäft an die Klavierfabrikationsfirma Rudolf Reisinger. 132 Nach Kriegsende bemühte sich Theodor Sternberg – letztendlich erfolgreich – um die Rückstellung seiner ehemaligen Musikalienhandlung in Wien. 133 Er lebte weiterhin in den USA und verstarb im November 1979 in Norfolk, Virginia. 2007 entschied der Kunstrückgabebeirat, die Instrumente an Sternbergs Erben zurückzustellen. Diese konnten von der Israelitischen Kultusgemeinde auch in den USA gefunden werden. Eine Zuweisung von Briefmarken, Postkarten und Briefen Am 20. November 1967 übergab die„Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Dienststelle für Vermögenssicherung- und Rückstellungsangelegenheiten“ dem damaligen Post- und Telegraphenmuseum einen umfangreichen Bestand von ca. 6.000 Briefmarken, rund 7.000 Korrespondenzen und sonstigen vorphilatelistischen und philatelistischen Materialien sowie etwa 20 Briefmarkenalben als„Vermögenswerte unbekannter Herkunft“. 134 Auf Grund ihrer Provenienz war davon auszugehen, dass diese Objekte sogenanntes„herrenloses Vermögen“ darstellten: Dabei handelt es sich um Gegenstände, bei denen zwar erwiesen ist, dass sie ihren ursprünglichen Eigentümern in der NS-Zeit weggenommen worden sind, es jedoch
Dokument
Inventarnummer 1938 : Provenienzforschung am Technischen Museum
Wien / Christian Klösch
Seite
66
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten