Beschlagnahmte und arisierte Kraftfahrzeuge 77 Unter den arisierten und beschlagnahmten Alltagsgegenständen stellen Kraftfahrzeuge einen Sonderfall dar. Im Gegensatz zu anderen Gegen­ständen der industriellen Massenproduktion sind sie selbst noch nach Jahrzehnten eindeutig identifizierbar. Mit Hilfe von Fahrgestellnummer, Motornummer, dem polizeilichen Kennzeichen sowie der Fahrzeugpapiere sind gute Voraussetzungen gegeben, sie ihren ursprünglichen Eigentümern zuordnen zu können. Die Provenienzforschung zu Kraftfahrzeugen wird in Österreich dadurch erleichtert, dass die Automobilklubs der Bundesländer bis kurz vor dem Anschluss regelmäßig gedruckte Zulassungsverzeichnisse der Kraftfahr­zeugeigentümer mit oft detaillierten Angaben zur Person(Titel, Vorname, Familienname, Beruf, Adresse etc.) und zum Kraftfahrzeug(Type, Kennzei­chennummer) veröffentlichten. In einem Forschungsprojekt hat das Tech­nische Museum Wien diese Kraftfahrzeugverzeichnisse digitalisiert und in einer Datenbank auf seiner Website veröffentlicht. 146 Die bisher erfassten rund 79.000 Kraftfahrzeugbesitzer/-innen decken 86 Prozent aller damals in Österreich gemeldeten Personen- und Lastkraftwagen und 54 Prozent der zugelassenen Motorräder ab; insgesamt sind ca. 67 Prozent aller Ende der 1930er-Jahre zugelassenen Kraftfahrzeuge erfasst. Eine eigene Datenbank erfasst jene Kraftfahrzeuge, die von den Natio­nalsozialisten 1938 von Juden und aus politischen Gründen verfolgten Personen beschlagnahmt worden sind. Aus 91 unterschiedlichen Quellen konnten bis jetzt ca. 3.000 beschlagnahmte Kraftfahrzeuge erfasst werden. Ausgangspunkt dieser Forschungen war die Untersuchung des Bestands an 56 Motorrädern und Motoren sowie 76 Automobilen und Automoto­ren der Kraftfahrzeugsammlung im Technischen Museum Wien. Im Zuge der Recherchen konnten dabei dreibedenkliche Erwerbungen entdeckt werden. 49 Rosa Glückselig mit ihren Söhnen, 1920er-Jahre