91nahmen der„Wiedergutmachung“ setzte, konnte erreichen, dass illegaleNationalsozialisten mit Wagen der österreichischen Juden entschädigtwurden.184Mindestens 98 Nationalsozialisten kamen in den Genuss dieserKompensation.185Die NSDAP gab sich damit aber noch nicht zufrieden. Ineinem Schreiben beklagte sich der Reichkassenverwalter der NSDAP beimReichstatthalter darüber, dass die Partei bei der Zuweisung der Kraftfahrzeuge von der Gestapo mit„nur wenig zufriedenstellendem Wagenmaterial“versorgt werde. Darüber hinaus beschwerte er sich, dass die SS unter denWagen bei der Gestapo frei wählen dürfe und SS-Leute beim Verkauf derWagen Schmiergeld einsteckten.186Auch um die Verteilung der wenigen jüdischen Taxis und Taxilizenzen inWien gab es harte Auseinandersetzungen. Die„NS Wirtschaftsgenossenschaft der Fuhrwerkunternehmer reg. Gen. M.b.H.“, eine Art Kartellnationalsozialistischer Taxi- und Fuhrwerkunternehmer, nutzte die neuenpolitischen Verhältnisse, um unliebsame Konkurrenten zu verdrängen.187Eine Schlüsselfigur in diesem Zusammenhang war der NSKK-FührerAnton Pressinger, der 1934 wegen Sprengstofftransporten zu 14 JahrenKerker verurteilt und dessen Taxi beschlagnahmt worden war. Nach dem„Anschluss“ wurde er Führer im Stabe der„NSKK Motorstandarte 93“ undübernahm die„Zunft der Fuhrwerker“ in Wien. Damit stand Pressinger imZentrum der„Arisierung” von Taxiunternehmen, und auch er selbst griffzu: Ein Julian Schwamm entzogenes Taxi der Marke Steyr 45 wies er sichmit Genehmigung des„Reichstatthalters“ als Wiedergutmachung selbstzu. Außerdem erhielt er seine Konzession als Taxiunternehmer zurück,4.000 RM Wiedergutmachung ausgezahlt und eine Konzession als Lastwagenunternehmer übertragen, die zuvor einem Juden entzogen wordenwar.188Nachrichten über die chaotischen Zustände in der Ostmark und dieSelbstbereicherungen der NS-Parteigänger gelangten schon bald bis in dieReichskanzlei nach Berlin: Der Reichsminister und Chef der ReichskanzleiHans Heinrich Lammers forderte in einem Schreiben vom 7. Juli 1938 denReichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei auf, eine Liste sämtlicherin Österreich entzogener Vermögenswerte zu übermitteln. Adolf Hitler wollte offenbar selbst im Detail darüber entscheiden, was mit den beschlagnahmten Vermögenswerten geschehen sollte. Lammers betonte besonders,dass„das vom Führer gewünschte Verzeichnis nicht nur beschlagnahmteKunstwerke umfassen, sondern sich auf sämtliche Vermögenswerte erstrecken soll, die beschlagnahmt worden sind, und zwar ohne Rücksicht daraufob sie bereits eingezogen worden sind oder nicht.“189