93 Resultat der Order aus der Reichskanzlei waren zwei rasch zusammengestellte und recht unvollständige Listen: Die erste, undatierte Liste wurde am 14. Juli 1938 nach Berlin zur Vorlage übermittelt. Diese 19-seitige Aufstellung enthält im Detail fast nur Liegenschaften, beschlagnahmte Kraftfahrzeuge wurden nur pauschal erwähnt:„Etwa 1700 Kraftwagen im Durchschnittswert von je 600 RM: 1.020.000 RM.“ 190 Eine weitere Aufstellung lieferte die SS: Die Gesamtzahl der beschlagnahmten Kraftfahrzeuge in Verwendung der NSDAP und deren Gliederungen bezifferte sie Ende August 1938 auf 1.116 Stück. 191 Anfang 1939 beklagte sich das Wiener Finanzministerium bei Reichstatthalter Arthur Seyß-Inquart, dass es„keine Evidenz der zu Gunsten des Landes Österreich eingezogenen Vermögenswerte“ gebe und dass„beträchtliche Vermögenswerte des Landes Österreich gar nicht in ihrer Evidenz stehen und von Organen verwaltet werden, die sie gar nicht kennt.“ 192 In zwei Runderlässen vom 16. und 20. Februar 1939 wurden die staatlichen und die Parteidienststellen nochmals aufgefordert, Listen mit beschlagnahmten Gegenständen, insbesondere auch Kraftfahrzeugen, zu erstellen und rasch zu übersenden. 193 Resultat all dieser Aufforderungen waren Ergänzungslisten mit weiteren 555 beschlagnahmten Automobilen, sodass sich die Zahl der in Verwendung der NSDAP befindlichen beschlagnahmten Kraftfahrzeuge auf 1.652 erhöhte. 194 Zusammen mit den 600 bis 1.000 über das Dorotheum bereits im Vorjahr verkauften Kraftfahrzeugen und den Automobilen in Verwendung von staatlichen Stellen ergibt sich die auch durch andere Quellen gut dokumentierte Zahl von zumindest 2.500 bis 3.000 auf dem Gebiet des ehemaligen Österreich beschlagnahmten Kraftfahrzeugen. Mit Kriegsbeginn 1939 wurde das Reichsleistungsgesetz verabschiedet, das im§ 15 die Inanspruchnahme von Gegenständen – auch von Kraftfahrzeugen – für staatliche Aufgaben regelte. Der„Bevollmächtigte für den Nahverkehr“ des Reichstatthalters in Wien konnte nach diesem Gesetz bei jeder privaten oder juristischen Person Kraftfahrzeuge gegen Entschädigungszahlungen anfordern oder bestimmen, dass Fahrzeuge an bestimmte Personen – wie z.B. Ärzte, Funktionäre der NSDAP etc. – verkauft werden mussten, falls dies von kriegswirtschaftlichem Interesse war. 195 Kraftfahrzeuge für die Wehrmacht requirierten hingegen die„Wehrersatz-Inspektionen“, 196 die schon in den Jahren zuvor regelmäßig als„polizeiliche Überprüfungen“ getarnte Fahrzeugmusterungen für den Fall einer Mobilmachung durchgeführt hatten. 197 Auf Grund dieses Gesetzes zog die Wehrmacht bis Oktober 1944 im gesamten Deutschen Reichsgebiet insgesamt 153.058 Privatfahrzeuge ein. 198
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Inventarnummer 1938 : Provenienzforschung am Technischen Museum
Wien : / Christian Klösch
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