79 geteilt hatte und nun, unter Anpassung an die neuen Belastungen, so weit als möglich zu bewahren versuchte. 38 Diese im übrigen wechselseitige In ­szenierung vonNormalität via Feldpost wurde, je länger der Krieg dau ­erte und je größer die Opfer und Entbehrungen wurden, immer brüchiger. Das Schweigen über Angst und Not sowohl das freiwillige Verschweigen als auch das durch die Zensur auferlegte wurde immer öfter gebrochen, zumindest in den Briefen; auf den offenen Postkarten erlegten sich die Schreibenden größere Vorsicht auf. Auch auf den rund 500 Feldpostkarten aus der Zeit zwischen 1914 und 1917, die in den Sammlungen des ehemaligen Postmuseums überliefert sind, liest sich der Inhalt beinahe so, als würde man zu Friedenszeiten der Familie und Freunden Grüße von einer Reise, Glückwünsche oder Bitten um kleine Gefälligkeiten senden. Einige Beispiele: Auch hier Kälte und Eis, hoffentlich ists an der blauen Adria wärmer. 39 Liebe Gusti! Habe heute deinen Brief vom 26.[Dezember] erhalten, also sehr rasch. Die Weihnachtspackerl habe ich nicht erhalten. Hast Du das Postsparkassenbuch bekommen? Heute ist der erste schöne Tag hier, wolkenlos, aber sehr unruhig. Auch mehrere feindliche Flieger haben die Gegend etwas beunruhigt und wurden fleißig beschossen. Ob ich Urlaub erhalte, ist ziemlich ungewiß, da es hier so viel Arbeit gibt. 40 Schon lange bin ich ohne jede Nachricht von Dir. Ich hoffe dass Du die Mühen des Krieges so gut überstehst wie ich. 41 Lieber Freund! Herzlichen Glückwunsch zur neuen Vaterwürde, wir wer ­den es Euch im April nachmachen. Wenn Du Urlaub hast, besuche uns mit Deiner Frau Gemahlin und Deinem Sohn. 42 Meine Frau hat mir geschrieben, daß die Bestellung von 100 Büchsen condensierter Milch bereits abgegangen ist. 43 Im Schützengraben. Liebes Frl. Malie! Teile Ihnen mit dass ich seit 20. 2. im Schützengraben bin. Mir geht es Gott sei Dank sehr gut was ich ja von Ihnen auch hoffen kann. Seit gestern hatte sich die Kälte hier etwas gestossen. Ich bin schon schwarz wie ein Neger von meiner Erdbude. Kommt nicht bald Frieden? Würde mich freuen wieder einmal in Wien zu sein aber leider. Lassen Sie wieder einmal was hören und seien Sie sowie Ihre Eltern und Frl. Poldi vielmals gegrüßt. 44