96Des Geistes ErbeDer Enthusiasmus schlug spätestens im dritten Kriegsjahr in Ernüchterungund Friedenssehnsucht um – eine Feststellung, die schon oft getroffenwurde. Er lässt sich auch am Produktprogramm der Hersteller von Kinder- und Jugendliteratur und Spielwaren ablesen, das ja zuvorderst anVerkaufszahlen orientiert ist.„Käthe Kruse wollte wieder Babypuppenverkaufen, und Märklin produzierte Eisenbahnen statt Kriegsschiffe undKanonen“,24ist für die letzten beiden Kriegsjahre konstatiert worden.Nur die Militärs zeigten sich unbeirrt und gaben Durchhalteparolen aus:„Der Krieg[…] wird von nun ab einen einschneidenden Teil der Erziehungder Jugend zu beeinflussen und so früh als möglich in den jugendlichenHerzen die Liebe zum Vaterlande, die Begeisterung für die beispiellosenGrosstaten der Wehrmacht zu pflanzen haben. Das noch spielende Kind,im Alter vor dem Schulbesuch, soll schon im Spiele lernen, wie schön seineHeimat ist, wie tapfer die Wehrmacht und gross die Dankbarkeit, die ihralle schulden.“25Im Mai 1917, als diese Sätze geschrieben wurden, teiltedie Zivilbevölkerung längst nicht mehr geschlossen die patriotische Überzeugung und Begeisterung. Und nach 1918 gaben nicht zuletzt die Erfahrungen, die man mit der Kriegspädagogik gemacht hatte, den Ausschlag,auch darüber zu diskutieren, ob Kriegsspielzeug eine schädliche Wirkungauf Kinder habe. Der deutsche Pazifist Ernst Friedrich leitete 1924 seinendrastischen Aufruf Krieg dem Kriege! mit einem zwölfseitigen Abschnittein, in dem er einschlägige Kinderbücher und Kriegsspielzeug anprangerte.26Eindringlich warnte er:„Soldaten-Spielzeug ist der Judas den Du Dir selbst ins eigne Haus holst,ist Verrat am Menschenleben! Bedenke dies eine stets: Das kleine Helmchen, von Papier gefertigt, wird einst der Stahlhelm auf dem Kopf desMörders! Und hat das Kind erst mit dem Luftgewehr geübt, wie selbstverständlich wird es später mit der Flinte schießen! Das Säbelchen, ausHolz geschnitzt, wird einst das Schlachtenmesser, das sich bohrt in einesMenschen Leib!“27Wie sehr die Indoktrinationen, denen die Kinder und Jugendlichen vorund im Ersten Weltkrieg ausgesetzt waren, jenes Selbst- und Geschichtsverständnis beflügelten, von dem in der Folge der Nationalsozialismusgetragen wurde, lässt sich nicht einschätzen. Viele Werte, die seinerzeitpostuliert und vermittelt wurden, haben jedenfalls das ganze 20. Jahrhundert hindurch eine hohe Akzeptanz und Gültigkeit behalten.„Dienen imHeer“ sei hier abschließend als Beispiel genannt. Innerhalb einer relativ