DOI 10.60531/INSIGHTOUT.2023.1.7| HAGEMANN, WAGNER: LUNCHABLES_ INSIGHTOUT 1(2023) 61 In unserem Projekt geht es um das Verhältnis von ‚Essen und ‚Klasse, allgemein und insbesondere in familiären Sorgebeziehungen, die wir aus verschie­denen Perspektiven untersuchen. Den Workshop haben wir genutzt, um unsere Forschungspraxis und unsere Voraussetzungen grob zu beschreiben und anschließend mit den Teilnehmer_innen über die Zu­sammenhänge und Fragen, die uns bei der Arbeit be­schäftigen, ins Gespräch zu kommen. Dabei haben wir den Charakter der Veranstaltung als Workshop ernst genommen und fühlten uns eingeladen, auch einige vorläufige Gedanken aus unserem Arbeitspro­zess und unserem Nachdenken mit den Anwesenden zu teilen. Unsere wichtigste gemeinsame Voraus­setzung ist unsere Herkunft aus sogenanntenein­fachen Verhältnissen. Wir sind in unterschiedlichen Kontexten sozialisiert worden: als jüngstes von vier Kindern in einer nordrhein-westfälischen Kleinstadt aufgewachsen, sowie als einziges Kind einer allein­erziehenden Mutter in einer schwer von den Umbrü­chen der sogenanntenWende getroffenen ostdeutschen Stadt groß geworden. Zugleich haben wir beide in unserer Kindheit und Jugend erlebt, wie ein wichtiger Teil der Eltern/Kind- oder in un­serem Fall der Mutter/Sohn-Be­ziehung über die Versorgung mit Lebensmitteln hergestellt wird und welche besonderen Umstän­de diese Konstellation prägen, wenn sie in prekären materiellen Verhältnissen angesiedelt ist. Zu­sätzlich zu den zweifellos nega­tiven Aspekten, der Scham und den vielen diskriminierenden Er­fahrungen hat unsere Herkunft aus einkommensschwachen Ver­hältnissen zugleich unsere Wahr­nehmung geschult und dabei geholfen, eine bestimmte Sensi­bilität für klassistische Formen von Diskriminierung zu entwickeln, auch wenn diese sehr subtil in größere Zusammenhänge eingebettet sind. Das Gleiche gilt für bestimmte Formen von Wis­sen und Überlebensstrategien im Arbeitsfeld alltäg­licher Krisen. Im Moment sind wir mit dem Aufbau eines For­schungslabors für Interventionen gegen Klassismus beschäftigt, dessen Abkürzung*FLINK auf einen in Deutschland recht erfolgreichen On-Demand-Liefer­service und Ausbeutungsakteur der Gig-Economy verweist. Mit dieser Struktur sind natürlich Fragen verbunden, die weit über den Umgang mit Nahrungs­mitteln hinausreichen. Wir haben unserer Arbeit ein Set von Kategorien zugrunde gelegt, die unser Han­deln und Nachdenken zu jeder Zeit anleiten. Diese sind Geschlecht, Materialität, Macht, Raum, Wissen, ‚race, die Reflexion unserer eigenen Vorannahmen und Positionierungen sowie der Menschen, denen wir begegnen und der Kontexte, die wir betreten plus n.