DOI 10.60531/INSIGHTOUT.2024.2.7| NIEDERBERGER: WIE INFRASTRUKTUREN USER MACHEN_ INSIGHTOUT 2(2024) 44 werden, und die Subjektpositionen, die durch diese Beziehungen entstehen. Den User:innen von digitalen Plattformen wird durch den allgemeinen High-Tech-Diskurs suggeriert, dass sie die Empfänger:innen von Dienstbarkeit sind. Dienste werden aber unter ganz bestimmten, von Privilegien geprägten Bedingungen angeboten: Die Chancen bedient zu werden, sind nicht gleichmäßig verteilt, und minorisierte Personen und Gemeinschaften müssen oft feststellen, dass ihre Personen, ihre Inhalte und ihre Kommunikation von Plattformen nicht geschützt werden. Dies gilt leider auch für Mastodon, das notorisch weiß ist und sich in viel zu vielen Fällen als feindselig gegenüber People of Color erwiesen hat. Dienstbarkeit ist also eine sehr spezifische Beziehung zwischen User:innen und Technologie. Digitale Dienstbarkeit ist tief von Abstraktion von spezifischen Kontexten gekennzeichnet. Dies beginnt mit der Produktion von Technologie und ihrer Rohmaterialien und schließt auch die notwendigen Praktiken und Ressourcen für den Betrieb von Infrastrukturen mit ein. User:innen haben in der Regel keinerlei Kontakt damit, sondern bekommen die Ergebnisse der Abstraktion als Produkte zur Verfügung gestellt. Dies weckt unangenehme Assoziationen zu Kolonialisierung und Sklaverei als radikale Form von Abstraktion oder„Thingification“. 16 Diese Beziehungen sind in der technologischen Terminologie von Master-SlaveBeziehung präsent, und etwas weniger explizit, wenn man von Clients und Servern spricht. Trans * feministische Server versuchen, diese Beziehungen für andere, vorsichtigere Beziehungen zu öffnen und dabei Abb. 4: Handgeschriebener Mitgliedsausweis von anarchaserver,© Shusha Niederberger den„Sumpf von Interdependenzen, in dem sie sich befinden“ 17 im Auge zu behalten. Trans * feministische Server sind als Gemeinschaften und Infrastrukturen 18 aus dem Bedürfnis entstanden, sicherere Online-Räume für minorisierte Gemeinschaften zu schaffen. 19 Trans*Feministische Server sind also sowohl ein Denkwerkzeug als auch gemeinschaftliche Infrastrukturen. 20 Das bedeutet, dass ihre Arbeit sowohl diskursive Arbeit als auch gelebte technologische Praxis ist. Dies ist radikal in dem Sinne, dass es das gesamte Territorium neu artikuliert – sowohl diskursiv-konzeptionell über den Protagonisten oder die Protagonistin des Servers als auch praktisch über das Betreiben von Technologie als Gemeinschaftsprojekt. Ich habe dies als eine aktive Verweigerung der infrastrukturellen Ideologie von Funktionalität und Abstraktion beschrieben. Es ist diese Verweigerung, wel16 A. Césaire: Discourse on Colonialism. New York 1972. 17 O.V.: A Wishlist for Trans*Feminist Servers , siehe Anm. 10. 18 Es gibt unterschiedliche feministische Server, eine Liste findet sich hier: https://alexandria.anarchaserver.org/index.php/History_of_ Anarchaserver_and_Feminists_Servers_visit_this_section(24.06.2024). 19 pideralex:„Neue Welten erfinden – mit cyberfeministischen Praxen und Ideen“, in: C. Sollfrank(Hg.): Die schönen Kriegerinnen. Technofeministische Praxis im 21. Jahrhundert . Wien 2018. 20 F. Snelting, spideralex: Forms of Ongoingness, interviewt von Cornelia Sollfrank. Video und Transskript, http://creatingcommons. zhdk.ch/forms-of-ongoingness/(24.6.2024).