53Bei der Funktion als Küchenmaschine wird der Unterschied zu den alsüberholt abgewerteten nicht-elektrischen Küchengeräten auch visuell vorAugen geführt. In einer Gegenüberstellung sind auf einem Foto diversemanuell zu handhabende Küchengeräte versammelt, auf dem zweitenstehen einsam nur drei Teile: der Standmixer auf dem Motorblock, derkleine Kaffeebehälter und der Entsafter- bzw. Schnetzelaufsatz. Dazu istin alter Frakturschrift„Einst“ und in moderner, gerader Schrift„Jetzt“ zulesen.„Jedes Gerät und viele Schüsseln und Teller mußten Sie heranholenund nach der Benutzung wieder reinigen und wegstellen – das war es ja,was neben der langwierigen Küchenarbeit so viel Zeit und Mühe kostete. Und nun sehen Sie den überzeugend einfachen Piccolo, der sich mitwenigen Handgriffen von der Küchenmaschine auf das Schnitzelgerät, dieFrischsaftzentrifuge oder auf die Kaffeemühle umstellen läßt.“10Die Behauptung, dass mit einer Küchenmaschine weniger Handgriffe nötig seien,wird von Nutzerinnen nur teilweise geteilt, wie einige im Buch angeführteGebrauchsgeschichten zeigen.Das als Elektro-Werkzeug angepriesene Sonderzubehör„Mach es selbst“wird entsprechend der dominierenden Geschlechterordnung nicht an dieFrau adressiert(Inv.Nr. 60819).„Während der Piccolo mit seinen vielenZubehörteilen in erster Linie der Hausfrau bei ihrer Arbeit hilft, wenden wiruns mit dem Sonderzubehör Piccolo Elektro-Werkzeug ‚Mach es selbst!‘an den Hausherrn und die älteren Söhne, denn hier handelt es sich umein Gerät, das für die Ausführung von handwerklichen und Bastelarbeitenbestimmt ist, Arbeiten, die aus Freude und aus Zweckmäßigkeitsgründenselbst ausgeführt werden.“11Die Fotostrecke, die den Einsatz von Säge,Bohrer und Schleifgerät demonstriert, zeigt nun handwerkende Männer.Die Verwendung eines gemeinsamen Motorblocks, einmal in der Küche,ein anderes Mal für Arbeiten, die mit Schmutz verbunden sind wie Staubsaugen oder Sägen, oder bei denen mit giftigen Substanzen wie Schädlingsvernichtungsmittel hantiert wird, erscheint aus gegenwärtiger Sicht alshygienisch und gesundheitlich fragwürdige Praxis. Heute ist außerdem dasökonomische Argument des teuren Motors obsolet. Auf dem Weg zumtechnisierten Haushalt wurde die multifunktionale Nutzung von Motoren,aber auch Wärmequellen so lange als besonderer Vorzug gepriesen, wieHaushaltsgeräte noch keine einschneidende Verbilligung erfahren hatten.In den 1960er-Jahren beginnen Universalgeräte zugunsten von ausdifferenzierten Apparaten zu verschwinden – mit Ausnahme jener, die sich aufeinen eingegrenzten Einsatzbereich beschränkten: allein auf die Speisenbereitung im Fall der Küchenmaschine oder auf die Körperpflege im Fallevon All-in-one-Geräten zum Rasieren, Epilieren und Massieren.