74 den. Nicht ohne Deckel kochen, eventuell Turmkochen anwenden. Besonders zu empfehlen sind Dampfdruck-Kochtöpfe. Den Speisen möglichst wenig Flüssigkeit zusetzen.“ Das Ehepaar E. kaufte den Gasherd Gebe, der auch zur Raumerwärmung zu nutzen war, 1960 für die Ersteinrichtung ihrer Wohnung, die keine Zentralheizung hatte. Aus Sicherheitsgründen konnte aber nicht gleichzeitig geheizt und gebacken werden, die Schalter für Backrohr und Heizung waren gegeneinander gesperrt. Bei der Umstellung auf Erdgas wurde die Gaszufuhr zur Heizung unterbunden, da diese nicht auf den nun hohen Brennwert des Gases eingestellt werden konnte, wie Frau E.(geb. 1928) erzählte. Doch war die Heizfunktion inzwischen überflüssig geworden. Der Herd blieb noch bis 2012 in Gebrauch. Frau E. kochte täglich, auch während ihrer Berufstätigkeit. Neben der Speisenbereitung diente ihr der Herd außerdem zum Wäschewaschen. Da eine Waschmaschine erst um 1966/67 angeschafft wurde und es noch üblich war, Stoffwindeln zu verwenden, kochte sie diese auf dem Herd aus. Mit drei Kindern stand mindestens fünf Jahre hindurch ein großer Topf mit Windeln und Babywäsche auf dem Herd. Allmählich verbog sich durch das Gewicht das Topfgitter, es wurde daraufhin umgedreht genutzt. Frau E. pflegte und reinigte den Herd sorgfältig. Sie schätzte die lange Lebens dauer von Geräten; und da der Herd ihr Leben 52 Jahre begleitet hatte und sich so viele Erinnerungen an ihn knüpften, fiel es ihr schwer, sich vom ihm zu trennen. Aber leider genügte er nicht mehr den geltenden Sicherheitsvorschriften; die Brenner haben keine Zündsicherung. Allein, modular und kompakt Noch stärker als mit Gas bedeutete das Kochen mit Elektrizität, dass eine hoch ausdifferenzierte Anzahl an Geräten nicht nur ergänzend, sondern alternativ zum Herd angeboten wurde. Kleine elektrische Heizspiralen ließen sich weit einfacher als Gasbrenner in beliebig viele spezialisierte Kochgeschirre integrieren. Elektrizität war nach Gas die zweite stets betriebsbereite Energieform. Mit Strom wurde zudem das Feuer abgelöst, die Wärmequelle schrumpfte auf einen Draht, der zum Glühen gebracht wurde. Eine funktionierende Umsetzung einer solcherart automatisierten Heizquelle gelang 1891 Friedrich Wilhelm Schindler-Jenny, der jahrelang damit experimentierte, die Umwandlung von elektrischer in thermische Energie praktisch anwendbar zu machen. Er bettete den(glühenden) Draht in das Isoliermaterial Schamotte(= feuerfester Ton) ein, das elektrisch nicht leitet, aber Wärme abführt. Auf der Weltausstellung in Chicago 1893, die erstmals umfangreich elektrische Beleuchtung zeigte, präsentierte Schindler seine„erste vollelektrische Küche“, die sowohl aus einem Herd als auch
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geliebt - gelobt - unerwünscht : Haushaltstechnik zwischen Wunsch
und Wirklichkeit / Roswitha Muttenthaler
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