100wärmeren Temperaturen sahen die Eltern einen Grund, ihn einzuschalten.Zudem blieben die Kühlbedürfnisse auch mit Kühlschrank begrenzt. Getränke konsumierten sie kaum gekühlt, beim seltenen Weingenuss reichtedie Kellertemperatur und eventuell eine kurze Lagerung im Kühlschrank.Nie große Mengen, sondern täglich frisch einzukaufen, war von einerNotwendigkeit in Zeiten ohne Kühlmöglichkeit zur Gewohnheit geworden,die die Eltern beibehielten. Doch bestand nun kein Druck mehr, Verderbliches sofort verbrauchen zu müssen. Butter aufzubewahren war zuvor einProblem, Milch dagegen wurde als saure ebenso gern getrunken. Verändert hat sich durch den Kühlschrank vor allem der Konsum von Milchprodukten; zu Topfen und haltbarem Käse kamen Joghurt, Buttermilch etc.Während der rund 55 Jahre, die der Kühlschrank verwendet wurde, störtees niemanden, dass das Kühlvolumen im Vergleich zu heutigen Gerätensehr gering war. Denn auch Frau L., die das Gerät mit der elterlichenWohnung übernahm, verhielt sich in puncto Kühlen wie die Eltern. Da derKühlschrank Frau L. einen Großteil ihres Lebens begleitet hatte, gab sieihn 2002 nur schweren Herzens weg, als sie in eine neue Wohnung übersiedelte. Erleichtert wurde ihr der Schritt dadurch, dass sie ihn im Museumgut aufgehoben wusste. Der Kühlschrank war für Frau L. und ihre Elternetwas so Besonderes, dass er quasi als Hausgenosse und nicht als reintechnische Apparatur gesehen wurde. Er erhielt auch einen Namen:Frau L. nannte ihn„Gurgi“, da der ansonsten geräuschlos arbeitendeAbsorberkühlschrank manchmal leise gurgelnde Geräusche machte.Bemerkenswert ist, dass der Kühlschrank sein hohes Prestige bewahrenkonnte, obzwar er den im Laufe der Zeit verbesserten Gerätestandardsimmer weniger entsprach. Üblich wurden eine automatisierte Abtauvorrichtung, ein geschlossenes Tiefkühlfach statt offenem Verdampfer sowieeine optimierte Raumausnutzung auch der Tür als Abstellfläche durch einedünnere Isolierung der Wände. Ferner stand beim Kühlschrank ElektraBregenz der umfassende Einsatz von Kunststoff noch aus: das Gehäuse istaus Metall und Holz, und selbst die zugehörigen Behälter für Lebensmittelsind aus Glas.66Die überaus lange Lebensdauer von Kühlschränken, ihre hohe Wertschätzung und ähnliche Verhaltensweisen kennzeichnen viele Erstgeräte, dieeine kühlschranklose Zeit ablösten. Wie differenziert die Optionen einerständig verfügbaren Kälte wahrgenommen wurden, veranschaulicht auchdie Erzählung von Frau K., die dem Museum den ersten Kühlschrank ihrerMutter, Marke Lec Bognor Regis, spendete(Inv.Nr. 92291). Die Mutter(geb. 1911) hatte den gebrauchten Kompressorkühlschrank um 1970 vonihrem Bruder erhalten. Frau K.(geb. 1956) nahm ihn als überaus erfreulicheNeuerung wahr, obschon ihr sein 1950er-Jahre-Design altmodisch er-