104Wie schon vor dem Zweiten Weltkrieg beförderten EnergieversorgungsUnternehmen und Gerätehersteller auch nach 1945 intensiv den Wunschnach Kühlem, bis die Geräte in allen Haushalten Eingang fanden. Soveröffentlichten die Wiener Gaswerke in den„Mitteilungen für Gasverbraucher“ 1958 Rezepte unter dem Titel„Erfrischende Speisen undGetränke aus dem Gaskühlschrank“. Und Gerätehersteller versahenGebrauchsanweisungen mit Rezepten für die kalte Küche und publiziertenKochbücher zur Bereitung von Gelees und Sülzen, Eis und Milchshakes,Mayonnaisen und Remouladen, Kalten Platten und Buffets, Cocktails undBowlen. Um Tiefkühlung zu propagieren, engagierte die Firma Bauknechtin den 1950er-Jahren die bekannte Kochbuchautorin Erna Horn für dasRezeptheft„Kühl und köstlich. Eine kulinarische Reise in kühle Zonen“.Wenngleich die gepriesenen kalten Köstlichkeiten ein neues Lebensgefühl, Modernität, Internationalität und bunte Vielfalt zu symbolisierenvermochten, bedeutete das nicht, dass ihr Genuss ausschlaggebend fürdie Anschaffung eines Kühlschranks waren. Wertgeschätzt wurden insbesondere die Erleichterungen beim Einkauf und bei der Aufbewahrung vonAlltagsnahrung, wobei auch dieser Teil der Esskultur einen grundlegendenWandel hin zum Frischen und Kalten erfuhr. Mit der künstlichen Kälte verwandelte sich das frühere tägliche Einkaufen kleiner Mengen verderblicherWare und schnelle„Aufbrauchen müssen“ in ein„Was möchten wir dennheute?“70Sorglos kühl?Anfang der 1960er-Jahre waren Technologie und Innenausstattung optimiert. Das Gehäusematerial Holz war zugunsten von Kunststoff ebensoverschwunden wie die Isolierstoffe Kork, Torfplatten, Pflanzenfasern,Mineral- und Glaswolle. Kunststoff ersetzte auch das lackierte und emaillierte Metall der Innenauskleidung; mit seinem Einsatz differenziertensich Ablagen, Fächer und Klappen aus. Um platzsparend eine bessereDämmung zu erzielen, wurden Kunststoffisolierungen aufgeschäumt. AlsTreibmittel dienten Fluorchlorkohlenwasserstoffe(FCKW), die zudem unterden Namen Frigen oder Freon als Kühlmittel zum Einsatz kamen. FCKWwurden als ideale Lösung gesehen, da sie als ungiftig, unbrennbar undgeruchlos gelten. Ihre Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt wurdenzwar ab 1974 hinterfragt, aber erst ab den 1990er-Jahren gewisse Verboteverhängt und Alternativen auf den Markt gebracht.71Weitere ökologische Aspekte betreffen den Ressourcen- und Energieverbrauch. Als nachteilig erwies sich das Material Kunststoff, da es eher