106 Die Hausfrau geht aus die Waschmaschine War durch Gas und Elektrizität kaum das Kochen, sondern lediglich die Heizquelle zu automatisieren, gelang dies beim Kühlen und Wäschewa­schen. Während die Selbsttätigkeit des Kühlkreislaufs mit der Möglichkeit, Kälte in klein dimensionierten Geräten erzeugen zu können, bald gewähr­leistet war, bedurfte die Entwicklung einer vollautomatischen Waschmaschi­ne langer Zeit und vieler Schritte. Gleichzeitig war die Entlastung an Mühe und Kraft, die zuvor aufgewendet werden mussten, hier am höchsten, denn Waschen war die anstrengendste Hausarbeit, insbesondere wenn auch noch kein Wasserleitungsnetz zur Verfügung stand.Jeder Eimer Wasser muß­te beim Brunnen gepumpt und in die Waschküche getragen werden.[] Am Abend wurde die Wäsche eingeweicht. Am nächsten Morgen wurde jedes Stück mit einer weichen Bürste gebürstet. Nun brannte man sie mit kochender Lauge ab. Danach wurde sie gerumpelt und kam anschließend zum Kochen in den Kessel. Nach nochmaligem Rumpeln wurde die Wäsche dreimal geschwemmt, ausgewunden und der Korb voll nasser Wäsche zum Trocknen auf den Boden getragen. Im Winter war dies besonders bitter, wenn sie in den ausgewaschelten Händen gleich gefror. Oft meinte man, das Herz müsse vor Schmerz versagen. 74 Bis zur bequemen Bedienung per Knopfdruck fielen also an Arbeiten das oft mühsame Beschaffen und Erhitzen von Wasser, die zeitaufwändige Produktion von Seife und Lauge sowie das Vorbereiten, kraftraubende händische Bearbeiten, Spülen und Bleichen der Wäsche an. Damit waren für eine Mechanisierung technisch mehrere Herausforderungen zu lösen und zu verschränken, nämlich das manuelle Bearbeiten und Bewegen der Wäsche, das Erwärmen des Wassers, die industrielle Bereitstellung maschinengerechter Waschmittel und die Steuerung der Waschvorgänge. Und nicht zuletzt benötigte man an haustechnischen Voraussetzungen ein Wasserleitungs- und Energienetz. Eingebettet waren die technologischen Entwicklungen in sozialpolitische sowie medizinisch-hygienische Diskurse und Maßnahmen. Als Reaktion auf Epidemien sowie schlechte Lebens- und Arbeitsbedingungen großer Teile der Bevölkerung und auf Grundlage neuer naturwissenschaftlicher und medizinischer Erkenntnisse formierte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Sozialreform- und Hygienebewegung. Ein wissen­schaftlich fundiertes Bewusstsein für Gesundheit und Sauberkeit sollte nicht nur im Städte- und Wohnungsbau, sondern genauso im Haushalt zur handlungsleitenden Norm werden. Dabei wurden im Rahmen der populär-