131Modernität der Technik, ihre Symbolisierung als Inbegriff eines modernenLebens, als auch konkrete ökonomische oder politische Interessen wieauch kulturelle Werte, Normen und Vorstellungen bestimmte das Handeln der an der Implantierung der neuen Technik beteiligten Gruppen.“96Gemeinsamer Grundkonsens aller an der Einführung von HaushaltstechnikBeteiligten war, dass sie diese als Zeichen von Modernität und Fortschrittsahen. Unterschiedlich war, welche gesellschaftliche Verwendungsweisesie ihr zudachten.Architekten und Architektinnen des sozialen Wohnungsbaus etwa verknüpften Techniknutzung mit einer Gesellschaftsordnung, in der alle Schichtenhygienische, gesunde und technisierte Wohnungen haben sollten.„Zudemimplizierten die Konstrukte der Architekten andere Vorstellungen von der‚richtigen‘ gesellschaftlichen Verwendungsweise der Technik in bezug aufdie Frauenrolle: Technik wurde im Kontext der zunehmenden Berufstätigkeit der Frau gedacht, die traditionelle Hausfrauenrolle als obsolet betrachtet.“97So wurde in den 1920er-Jahren mit dem Einküchenhaus in Wien einGemeinschaftsmodell versucht, das allerdings nur vorübergehend realisiertwurde: Eine zentrale, professionell betriebene Küche mit einem Speisesaaloder mit Speiseaufzügen zu den Wohnungen enthob die hier Lebendender Kocharbeit, war aber damals eine zu teure Alternative.98Dass die Idee kollektiver Nutzung scheiterte, war nicht nur im Interesseder Gerätehersteller, für die sich die Absatzmöglichkeiten vergrößerten,wenn Einzelküchen auszustatten waren. Sie war Ausdruck politischideologischer Ablehnung von Kollektivmodellen und widersprach dembürgerlichen Konzept der Abgeschlossenheit von Familie und Haushalt, indem allein der Frau die Hausarbeit zugewiesen wurde. Dass sich heutzutage dennoch die Kocharbeit zunehmend außer Haus verlagert, ist keinerGemeinschaftsidee mehr geschuldet, sondern den marktwirtschaftlichenAngeboten an Fertiggerichten und Convenience-Food sowie Take-awayund Lieferservice.Die Hausfrauenverbände und Hauswirtschafts-Wissenschaftlerinnen, dieüberwiegend den Ideologien konservativ-bürgerlicher Parteien oderspäter des Nationalsozialismus verpflichtet waren, konnten sich erfolgreichin die Auseinandersetzung um die gesellschaftliche Verwendungsweisenvon Technik einbringen. Aus der Annahme, dass eine Technisierung nichtaufzuhalten sei, selbst wenn dies gewünscht wäre, engagierten sie sich füreine Modernisierung, allerdings in den spezifischen Bahnen ihrer Konzeption von Familie und Geschlechterordnung. Die Professionalisierungder Hausarbeit durch den Einsatz von Gas- und Elektrogeräten und dieRationalisierung der Arbeitsabläufe verknüpften sie mit dem Dienst an der