132 Familie: Hausarbeit sollte – wenn auch unbezahlt – als Beruf aufgewertet werden, aber mit dem gesteigerten Status der Hausfrau gleichzeitig ein traditionelles Rollenverständnis konserviert werden. D. h. die Technisierung und moderne Lebensweise sollten die Geschlechterrollen unangetastet lassen. Am Weiblichkeitskonzept war lediglich die bislang geltende Annahme, Frauen und Technik seien inkompatibel, zu revidieren. Die Hausfrauenverbände schrieben der modernen Hausfrau Kompetenz in der Nutzung aktuellster Technologie zu. 99 Unzählige Publikationen richteten sich mit Erläuterungen zu Gas und Elektrizität an die Hausfrau, um sie mit Wissen auszustatten und dabei selbstverständlich die tradierte Geschlechterrolle zu vermitteln. 100 In Österreich wurde 1926 unter Mitwirkung der Frauenorganisationen die„Gesellschaft für Technik im Haushalt“ gegründet, der eine Forschungs- und Versuchsstelle angegliedert war. Diese bewertete Geräte aller Energieformen im Hinblick auf Zweckmäßigkeit, Preis, Zeit- und Kraftersparnis und vergab das Prüfzeichen Te-Ha. In den„Mitteilungen der österreichischen Gesellschaft für Technik im Haushalt“ wurden über Entwicklungen und Produkte berichtet. Die informierten Hausfrauen sollten sich gegenüber den Unternehmen als aktive Konsumentinnen verstehen. Neue Technik und alte Rollen – Werbestrategien der 1920/30er-Jahre Die Geräte- und Energieversorgungsunternehmen orientierten sich in der Weise, wie sie die Geräte konzipierten und an wen sie diese adressierten, an den Familienidealen der Hausfrauenvereine, die auf einem dominanten gesellschaftlichen Konsens beruhten. In ihren Werbebotschaften war jenes Bild der Hausfrau zentral, das der Familie dient. Und Technik wiederum würde der Hausfrau dienen, diese ihr zugeschriebene Rolle besser zu erfüllen. Weibliche Erwerbsarbeit, geschweige denn die Emanzipation der Frau im Sinne der Gleichstellung zu fördern, fand keine Berücksichtigung in den Werbestrategien – auch nicht beim Großunternehmen Siemens-Schuckert, das viele Frauen beschäftigte, und intern durchaus reflektierte, dass be rufstätige Frauen eine Zielgruppe sein könnten. 101 Wurden in den 1910/20er-Jahren des Öfteren Dienstpersonal oder mondäne, extravagante Frauen zur Bewerbung der teuren Geräte herangezogen, gab es bald das Bestreben, den Rahmen des damit verbundenen elitären Luxus zu verlassen. Mit dem bekannten Slogan„Dame und doch Hausfrau“ wurde der moderne Mittelschichts-Hausfrauentyp zur zentralen
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geliebt - gelobt - unerwünscht : Haushaltstechnik zwischen Wunsch
und Wirklichkeit / Roswitha Muttenthaler
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132
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