137 ziiert bleiben. Lediglich der Kühlschrank und der Staubsauger stellten eine gewisse Ausnahme dar. Dass Gekühltes nur entnommen zu werden braucht, egal ob von Frau oder Mann, wurde nur dort beansprucht, wo das Gekühlte nichts mit Speisenbereitung zu tun hat, also etwa wenn ein Mann eine Fla­sche Wein holt, als Gastgeber fungiert. Um den Einsatz von Staubsaugern zu demonstrieren, wurden gelegentlich Männer, vorzugs weise männliches Dienstpersonal, herangezogen. In der BroschüreVacuum Cleaner Victor von ca. 1912 führen zwar überwiegend Dienstbotinnen die Anwendung vor, doch sind Männer ebenso zu sehen, die den Boden, den Billardtisch, das Bücherregal, das Pferd und das Auto saugen sowie den Druckereisetzkasten ausblasen. Solange solche spezifischen Nutzungsmöglichkeiten des Staub ­saugers jenseits der Wohnungsreinigung beworben wurden, kamen auch Männer als potentielle Nutzer ins Bild. Eine ungewöhnliche Darstellung bietet die Plakatwerbung für den Staub­sauger Elector von 1919. Das Wiener Grafik-Atelier Hans Neumann wählte eine herrschaftliche Anmutung durch das Sujet eines pompös gekleideten Dieners. Die gestreifte Weste erinnert an einen Butler, die rot-goldene Livree ist überladen und antiquiert. Die Kleidung sollte wohl das Gerät adeln, doch andere Faktoren unterlaufen dies. Die Figur steht nicht elegant, hat leicht verdrehte Augen und eine gerötete Nase. Auf diese Weise erscheint der Diener etwas lächerlich und überholt, anders als das moderne Gerät. 106 Obwohl das Hausfrauenmodell einer konservativ-bürgerlichen Gesell­schaftskonzeption entsprang, war der Anspruch ubiquitär; auch Arbeiterin­nen sollten zu einer Haushaltsführung verpflichtet werden, die ihnen allein oblag und dennoch den steigenden Ansprüchen an Hygiene und gesun­der Ernährung gerecht wurde. Ihnen wurden schon in den 1930er-Jahren technische Geräte empfohlen, obgleich diese weitgehend unerschwing­lich blieben. Die Werbung verfolgte zwei parallel laufende Strategien. Mit der Abbildung gut gekleideter Menschen und gepflegt-bürgerlicher Wohnungen wurde die Abgrenzung nach unten demonstriert, wobei Haushalte mit kleinem Einkommen angeregt werden sollten, den Wohlha­benden nachzueifern. Gleichzeitig wurde versucht, auch wenig kaufkräfti­ge Schichten direkt anzusprechen, was sich in Sparhinweisen niederschlug. Suggeriert wurde etwa, Stromkosten und Gerätepreise seien bei richtiger Bedienung niedrig, man könne mit ihnen sogar Geld sparen. Wenngleich solche Behauptungen der Realität entbehrten, da Elektrogeräte vielfach noch unwirtschaftlich waren und die Finanzkraft der meisten Haushalte weit überstiegen, wurden mit dieser Strategie Träume vomguten Leben samt Rollenbild der Nur-Hausfrau in die Welt gesetzt. 107