171noch unterschiedliche Anforderungen an die Achsel- und Beinrasur angelegt.„Was auch immer Ihre Meinung zu diesem Punkt sein möge: WennSie einen Badeanzug, ein Abendkleid oder ein ärmelloses Sommerkleidtragen, dann müssen Sie die Haare aus den Achselhöhlen entfernen. Sonstbieten Sie Ihren Mitmenschen einen unangenehmen, unästhetischen undirgendwie unerlaubt intimen Anblick.“136Wurde die Achselrasur als unerlässlich eingestuft, galt eine Enthaarung an Armen und Beinen wenigerbindend, war oft nur auf dichten, dunklen Haarwuchs beschränkt. Zudembestand die Option des Bleichens statt Entfernens.„Wenn der Haarwuchsauf den Beinen allzu kräftig ist, bleichen Sie die Haare von Zeit zu Zeit mitWasserstoffsuperoxyd. Laufen Sie aber bitte nicht mit lang-, dicht- unddunkelbehaarten Beinen herum, das wirkt recht unästhetisch. Viele Frauenrasieren sie.“137Manche Ratgeberliteratur sprach sich gegen die Beinrasuraus, da die Haare dadurch gekräftigt würden.Zwar gelang es letztendlich, den haarlosen Körper im Bewusstsein vonFrauen wie Männern nicht allein als Schönheitsideal, sondern auch alsNorm zu verankern, doch war dies ein langer Prozess, der nach Ländern –in Westeuropa viel später als in den USA – und Schichten unterschiedlichverlief.„Das ‚haarlose Ideal‘ des(weißen) Frauen*körpers blieb zwischen1940 und 1980 sowohl in der praktischen Umsetzung als auch in derWerbung und in der Kosmetikindustrie ein vorwiegend US-amerikanischesPhänomen.“138Bis heute entfernen in den USA relativ mehr Frauen als inDeutschland ihre Körperhaare; und die USA ist nach wie vor trendbildend,etwa hinsichtlich der neuen Anforderung, Intimbehaarung zu entfernen.Option unisexAb den 1930er-Jahren standen die ersten elektrischen Rasierer zur Verfügung, die bald auch Frauen adressierten. Während in den USA bereitsein Trockenrasierer entwickelt worden war, brachten die SiemensSchuckertwerke 1932 einen elektrifizierten Nassrasierer namens Sirama– SIemens RAsier MAschine – auf den Markt(Inv.Nr. 7303/1). Die Formentspricht den geläufigen Nassrasierern, doch befindet sich im Griff einMotor, der eine normale Rasierklinge horizontal hin und her bewegt, lautGebrauchsanweisung hundertmal in der Sekunde. Das als Schwinge-Klingebezeichnete Gerät wird mit einer externen Taschenlampenbatteriebetrieben. Wie gehabt muss man sich einseifen. Dann wird der Gerätestecker an die Batterie angeschlossen und der Motor durch eine ruckartige Drehung des Apparates um seine Längsachse angeworfen. Die