76 So beliebtBibergeil auch gewesen sein mag, an ein Arzneimittel reichte es nicht heran: DerTheriak war über Jahrhunderte hinweg das Heilmittel schlechthin, ein kostbares und begehrtes Gut aus zahlreichen Bestand­teilen. Ursprünglich soll König Mithridates VI. von Pontus(131–64 v. Chr.) mit Giften und Gegenmitteln experimentiert und ein giftresistentes Mittel komponiert haben, das ihn durch regelmäßige Einnahme vor Mord durch Vergiftung schützte(Abb. 104). Noch heute spricht man von Mithridatismus als durch Gewöhnung erworbene Immunität. Andromachos, dem Leibarzt des Kaisers Nero, wird die Weiterentwicklung des Rezeptes zugeschrieben, das dann als Theriak seinen Siegeszug antrat. Der venezianische Theriak(Abb. 105) galt als der beste. Die ursprünglich als Gegengift entwickelte Arznei feierte im Mittelalter und in der Renais­sance ihre Hochblüte als Allheilmittel nun vor allem auch gegen Syphilis, Pest und Cholera. Die Anzahl der verwendeten Ingredienzien stieg und stieg, bis auf einige Dutzend, darunter neben Opium etwa auch Entenblut, Vipern- und Krötenfleisch, die als magische Zutaten galten. Die Rezeptur wurde immer unübersichtlicher, Fälscher, Scharlatane und Quacksalber immer zahlreicher. Im Laufe des 19. Jahrhunderts begann der Theriak an Bedeutung zu verlie­ren. Das Deutsche Arzneibuch von 1892 nennt noch eine stark reduzierte Rezeptur, bestehend aus lediglich zwölf pflanzlichen Zutaten: Opium, Wein, Angelikawurzel, Schlangenwurzel, Baldrianwurzel, Meerzwiebel, Zitwerwur­zel, Zimt, Kardamom, Myrrhe, Eisenvitriol und Honig. Heute ist der Theriak, diese einst magische Medizin, gänzlich entzaubert. Letzte Anklänge finden sich im Schwedenbitter, im Wesentlichen in dessen geschmacksgebenden Substanzen wie Zimt, Baldrian und Kardamom. 1 A 0 u 4 fscAhLrBiftA: RMEiLthLrOid,aInt.vD.Narm. 11(M32it2h/r3id70atium Damocratis, zur Gruppe der Theriaca gehörende, berühmte Arzneibereitung) Verm. Brüssel, letztes Viertel 17. Jh. 1 A 0 u 5 fscAhLrBiftA: RTEhLeLriOac, aIn. vV.eNr(.T1h1e3ri2a2c/a28v3eneti­ana, venezianischer Theriak, der als der beste galt) Verm. nördliche Niederlande(Holland), Mitte 17. Jh.