59 übergab der eigens nach Wien gereiste Daimler-Benz-Vorstand Werlin dem Technischen Museum in einem Festakt eine von Lehrlingen des Konzerns hergestellte Replik des Benz-Dreirads von 1885. 112 Den Text der Ausstellungstafel, der auch einen kurzen Abriss der Automobilgeschichte enthielt, lieferte Daimler-Benz gleich mit. Der Marcus-Wagen wurde dort unter der Rubrik„Vorläufer des Automobils“ erwähnt. 113 Im Juni 1945, noch bevor das Museum wiedereröffnet wurde, kam der Marcus-Wagen mit der ursprünglichen Ausstellungstafel wieder auf seinen alten Platz zurück. Auch das Benz-Dreirad blieb zumindest bis Anfang der 1960er-Jahre in der Schausammlung. 114 Ab 1946 wurde Siegfried Marcus wieder im Museumsführer erwähnt; seine beiden Fahrzeuge wurden„als Ahnherrn der Automobile in aller Welt“ bezeichnet. 115 Erst in den 1960er-Jahren konnten Gustav Goldbeck und Hans Seper nach technikgeschichtlichen Recherchen und nicht aufgrund„rassischer“ Kriterien nachweisen, dass das Benz-Dreirad tatsächlich vor dem Marcus-Wagen gebaut worden war. 116 Der Fall Theodor Schmidt Am 28. Februar 1941 nahm die Inventarverwaltung des Technischen Museums unter der Nummer 16.040 zwei Pferdekutschen, eine„Mailcoach“ und ein„Hanson Cap“, als Leihgaben in das Inventar auf. Eigentümer der beiden Kutschen war der ehemalige Präsident des österreichischen Olympischen Komitees und Eigentümer der Schokoladefabrik Fa. Viktor Schmidt, Kommerzialrat Dr. Theodor Schmidt gewesen. Als Repräsentant des austrofaschistischen Ständestaates wurde er in der NS-Zeit politisch verfolgt. Die beiden Leihgaben gingen in das Eigentum des Museums über, als die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Wien, am 8. Juni 1942 Schmidts Vermögen beschlagnahmte. Am 2. Juni 1943 übergab das Technische Museum die beiden Kutschen „zwecks Bergung über Kriegsdauer“ an die Wagenburg Schönbrunn des Kunsthistorischen Museums, wo sie auch nach Kriegsende verblieben. Erst mit Bescheid der„Finanzlandesdirektion Wien, Niederösterreich und Burgenland, Dienststelle für Vermögenssicherung und Rückstellungsangelegenheiten” Zl. VR.-V-43.002-6/61 vom 1. Februar 1961 wurden die beiden Kutschen an den„früheren Eigentümer dieser Objekte Dr. Theodor A. Schmidt“ zurückgestellt. 117
Dokument
Inventarnummer 1938 : Provenienzforschung am Technischen Museum
Wien / Christian Klösch
Seite
59
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