86Die flächendeckend vorgenommenen Hausdurchsuchungen legen den Verdacht nahe, dass diese nicht spontan, sondern von den Führungsorganender NSDAP zentral geplant und angeordnet wurden.166Wenige Tage nachdem Einmarsch wurde am 18. März 1938 der Reichsführer SS und Chefder Deutschen Polizei im§ 1 der„Zweiten Verordnung zum Gesetz überdie Wiedervereinigung Österreichs mit dem Dritten Reich“ ermächtigt, die„zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung notwendigen Maßnahmen auch außerhalb der sonst hierfür bestimmten gesetzlichen Grenzenzu treffen.“167Damit hatte die Gestapo freie Hand, in die Persönlichkeitsund Besitzrechte aller Bürger nach eigenem Gutdünken einzugreifen. Unddieser Freiraum wurde intensiv genutzt, um Beschlagnahmungen aller Artdurchzuführen. Viele Bescheide der Gestapo über die Beschlagnahme vonKraftfahrzeugen fußten auf jener Verordnung vom 18. März und beriefensich auf eine angebliche„staats- und volksfeindliche“ Betätigung der jeweiligen Person.168Für Juden reichte allein die Tatsache, Jude zu sein, für denNachweis der Staatsgefährdung. Alle auf diese Art von der Gestapo vorgenommenen Beschlagnahmungen wurden acht Monate später durch die„Verordnung über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögensim Land Österreich" vom 18. November 1938 nachträglich„legalisiert“.169Mobilitätsverbote für Juden in der Ostmark undim restlichen Deutschen ReichWährend in der Ostmark bereits in der„Märzaktion“ der überwiegende Teilder Kraftfahrzeuge jüdischer Besitzer beschlagnahmt wurde, setzten dieantijüdischen Maßnahmen im Bereich der Mobilität im restlichen DeutschenReich erst mit und nach dem Novemberpogrom 1938 ein.170Während derReichspogromnacht brannten nicht nur die Synagogen; es wurden auchFahrzeuge beschlagnahmt. Am 3. Dezember 1938 wurden die Führerscheine von Juden sowie die Zulassungspapiere ihrer Kraftfahrzeuge für ungültig erklärt und mussten bis 31. Dezember 1938 bei der Polizei abgeliefertwerden. Auch jüdische Fahrschullehrer verloren ihre Lehrbefugnisse.171Am14. Dezember 1938 folgte ein Verbot für Juden, überhaupt ein Kraftfahrzeug zu besitzen. Falls Juden im Deutschen Reich zu diesem Zeitpunktnoch im Besitz von Kraftfahrzeugen waren, mussten sie diese umgehend –und oft unter ihrem Wert – an„Deutsche“ oder an die NSDAP veräußern.172Im„Altreich“ schloss man mit einer Verzögerung von neun Monaten Anfang1939 auf dem Gebiet der„Arisierung“ von Kraftfahrzeugen zur angeschlossenen„Ostmark“ auf. In der„Ostmark“ gingen die Sanktionen gegenjüdischstämmige Personen zum Teil über die geltenden Gesetze hinaus: So