84 auch kein Hehl aus der Existenz eines ominipräsenten Zensurapparates, im Gegenteil. Die Überwachung aller Medien, die einhergehenden Ein­schränkungen im Telefon-, Telegramm-, Presse-, Theater- und Filmwesen und nicht zuletzt im Postverkehr gehörten zum Kriegsalltag der meisten Menschen. Seit August 1914 wurde der gesamte Briefverkehr der Monar­chie mit dem Ausland in 21 grenznahen Zensurstellen kontrolliert und die Post der Soldaten überwacht, wenn auch wegen der Masse an Feldpost­sendungen nur in Stichproben. 48 Die Existenz und die Arbeitsmethoden der Zensurabteilung in Wien waren kein Geheimnis und wurden bereits 1915 propagandistisch als Beispiel für die Effizienz des k.u.k. Militärs verwertet: Im Dienst des Wiener Kriegsar ­chivs beschrieb Stefan Zweig ausführlich die Organisation und Arbeit der Zensoren. 49 Für ihre Arbeitsleistung nach einem Jahr Krieg findet Zweig nur Worte der Bewunderung und gießt sie in Zahlenbeispiele wie:Über ­einander geschichtet ergäbe das zensurierte Briefquantum eine Höhe von zirka 16.000 Meter, wäre also rund achtmal so hoch wie die Rax. 50 Die zugleich als lückenlos wie schnell beschriebene Informationsbeschaf ­fung aus der Post von Gefangenen und ihren Angehörigen geschehe, so Zweig, ausschließlich indefensiver Hinsicht. Außerdem erfülle die Zensur grundsätzlich einecharitative Aufgabe u.a. durch dieständige Beratung des Publikums in allen korrespondenztechnischen Fragen. 51 Damit umschreibt er nicht nur die Bevormundung der Briefverfasser durch die Militärzensur, sondern auch deren Instrumentalisierung für Stimmungs­und Meinungsmache im Dienst des Vaterlandes:Es ist klar, daß unsere im Feindesland gefangenen Krieger auch ihrerseits jede Gelegenheit benüt­zen, um die gegnerische Zensur zu hintergehen, meist von dem Wunsche geleitet, authentische Nachrichten über die Kriegslage zu erhalten. In solchen Fällen finden deren Angehörige natürlich bei der Zensur volle Unterstützung und es wurden bereits wiederholt zur Übermittlung von solchen Nachrichten gute Ratschläge erteilt, um die durch Lügenberichte der feindlichen Presse gesteigerte Gemütsdepression der Unsrigen durch wahrheitsgetreue Berichte mit froher Hoffnung auf den endgültigen Sieg zu mildern. Fazit: Die Zensur sei einemilitärisch-politisch und humanitär hervorragende Institution und wollenicht beschränken, sondern helfen, schützen und erkennen. 52 Schränkte Zweig 1915 die Auskundschafterei über denFeind noch auf die Kriegsgefangenenpost ein, so wurde die systematische Informations ­beschaffung ab Ende 1916 auf die eigene Bevölkerung und die eigenen Soldaten im Felde ausgedehnt. Nach dem Vorbild der Zensurabteilung