DOI 10.60531/INSIGHTOUT.2024.2.5| HEILIG, LORENZ: QUEERING EXHIBITIONS_ INSIGHTOUT 2(2024) 20 Und wie reden wir über Abwesenheiten, wenn die Diskrimi­nierung, die wir thematisieren möchten, durch Auslassung erfolgt? die hegemonialen Auslassungen der Institution aufbrechen zu wollen. Dabei ergeben sich eine Vielzahl struktureller Herausforderungen, die stark mit der Infrastruktur einer Ausstellung oder eines Museums zusammenhängen. Wie können wir zum Beispiel eine Besucher_innen­führung entwickeln, wenn sich das Narrativ der Vermittlung von dem des Ausstellungsbe­reiches unterscheidet? Und wie reden wir über Abwesenheiten, wenn die Diskriminierung, die wir thematisieren möchten, durch Auslassung erfolgt? Queering in der Vermittlungsarbeit Wir verwenden den Begriffqueer einerseits, um damit alle sexuellen Identitäten und Ge­Einleitung schlechtsidentitäten abseits der Cis-Hetero­norm zu beschreiben. Damit wollen wir sprachlich alle In diesem Paper diskutieren wir 1 Schwierigkeiten und lesbischen, schwulen, bi- und pansexuellen, queeren Lösungsansätze in der Konzeption und Durchführung und questioning, trans, inter, agender, asexuellen, feministischer und intersektionaler 2 Vermittlungsfor- aromantischen und nicht-binären Identitäten, Le­mate. Dazu ziehen wir Sara AhmedsQueer Pheno- bensweisen und/oder Beziehungen umfassen. An­menology 3 heran sowie Rena OnatsQueere Künst- dererseits verwenden wirto queer auch, um eine ler_innen of Color 4 . Bei den besprochenen Fallstudien widerständige Vermittlungspraxis zu beschreiben. handelt es sich um Führungen, die nachträglich konzi- Sara Ahmed folgend verstehen wirqueering als piert wurden und teilweise an ältere Ausstellungen an- ein Vorgehen, das einen Ort stört und durcheinan­knüpfen. Ausgangspunkt unserer Auseinandersetzung derbringt. 5 Queer-Sein beschreibt demnach einen ist die Frage danach, wie wir in der Vermittlung Be- nicht-normativen Zustand bezogen auf die Umwelt. züge zu Themen, Kontexten oder Narrativen herstel- Diese Umwelt ist ein von Objekten und deren Zu­len können, die gesellschaftlich und daher auch in sammenstellung zueinander sowie zur rezipieren­Kulturinstitutionen systematisch unterrepräsentiert den Person geprägtes Feld.Queering kann sich sind. Die Entscheidung, in unserer Vermittlung auf zum Beispiel auf die Anordnung der Objekte, auf die Geschichte(n) hinzuweisen, die nicht mittels(passen- Grenzen des Feldes oder die Perspektive der rezipie­der) Exponate im Museum vertreten sind, rührt daher, renden Person auswirken. 1 Wir, das sind Projektmitarbeiterin Pamela Heilig und Kulturvermittler_in Rosalie Lorenz. Pamela Heilig(sie/ihr) ist eine weiße , cis-heterosexuelle Person und in der österreichischen Mittelklasse aufgewachsen. Rosalie Lorenz(sie/eins) ist eine weiße , queere, nicht-binäre Person und in der österreichischen Mittelklasse aufgewachsen. 2 K. Crenshaw:Demarginalizing the Intersection of Race and Sex. A Black Feminist Critique of Antidiscrimination Doctrine, in: University of Chicago Legal Forum 1989(1989), Heft 1, Artikel 8. 3 S. Ahmed: Queer phenomenology. Orientations, objects , others. Durham 2006. 4 R. Onat: Queere Künstler_innen of Color. Verhandlungen von Disidentifikation, Überleben und Un-Archiving im deutschen Kontext . Bielefeld 2023. 5 Ahmed, siehe Anm. 3, S. 158–164.