DOI 10.60531/INSIGHTOUT.2024.2.5| HEILIG, LORENZ: QUEERING EXHIBITIONS_ INSIGHTOUT 2(2024) 24 Inhalte zu queerer Technikgeschichte finden sich im Technischen Museum Wien kaum in Objekttexten wieder und es ist teilweise schwer, passende Objekte zu finden, an denen sich queere Technikgeschichte(n) gut erzählen lassen. Fehlt das Objekt als Anker zur Geschichte, fehlt die Orientierungshilfe. Die Teilneh­menden müssen viel Distanz zwischen dem stattdes­sen gewählten Gegenstand und dem angebotenen queeren/queerenden Narrativ überbrücken. Der Ort, an den wir[Anm. d. verfassenden Personen: mit unserer intersektionalen Vermittlung] ankommen wollen, 13 um mit Rena Onat zu sprechen, ist durch die vorhandene Objekt- und Ausstellungs-Infrastruk­tur im Museum teils schwer zu erreichen oder außer Reichweite. Dies kann die Orientierung, sowohl im Museum als auch geschichtlich und gesellschaftlich, erschweren. Diese Desorientierung ist ein Hinweis auf Auslassungen in westlichen Kulturinstitutionen. Solcherart Desorientierung kann jedoch, laut Ah­med, auch neue oder alternative Wege(Perspekti­ven) eröffnen. 14 Die Abwesenheit von Exponaten oder die Distanz zwischen Exponat und Narrativ als solche zu thema­tisieren, ist ein möglicher vermittlerischer Umgang damit. Mitunter kann dieser Zugang die Teilnehmen­den jedoch enttäuschen oder frustrieren, da sie zu­meist mit der Erwartung ins Museum kommen, etwas direkt erfahren zu können. Wir denken, dass unser Framing der Führung gleich am Beginn eine wichtige Rolle spielt: Wir erklären, dass wir uns durch ein Mu­seum bewegen werden, in welchem queere Narrati­ve noch nicht genug Platz bekommen. Das bereitet die Teilnehmenden darauf vor, dass wir das Museum gegen den Strich lesen und Leerstellen begegnen werden. des LD-Tiegels, einem massiven Gefäß zur Stahlpro­duktion und eines der Highlight-Objekte des Tech­nischen Museums, erzählen wir die Geschichte von LGSM(Lesbians and Gay Men Support the Miners), einem Bündnis von queeren politisch aktiven Perso­nen sowie Minenarbeiter_innen im Großbritannien der 1980er Jahre(Abb. 2). Der massive Tiegel steht als Symbol für die Stahlproduktion; eine Industrie, die mit Maskulinität und Cis-Heteronormativität konno­tiert ist. Hier wird sie von uns mit einer Erzählung von Queerness, Solidarität und Care verknüpft. Allerdings müssen die Teilnehmenden gedanklich sehr viel Distanz überbrücken und Vorstellungskraft aufbringen, um die Erzählung mit dem Exponat im Museum zu verbinden. Nicht nur betrachten wir den Tiegel von einem Stock weiter oben aus der Ferne. Auch müssen die Teilnehmenden den eigenen geo­grafischen und zeitlichen Kontext sowie den des Ob­jekts(Linz, Österreich, 1950er Jahre) verlassen, um gedanklich ins Großbritannien der 1980er Jahre zu wechseln. Zudem geht es bei LGSM nicht um Stahl-, sondern um Minenarbeiter_innen, die das für die Stahlherstellung notwendige Erz aus dem Erdboden Gleich die erste Station der FührungTMW que(e)r gelesen weist eine große Distanz zwischen gewähl­tem Objekt und Vermittlungsnarrativ auf. Anhand 13 Onat, siehe Anm. 3, S. 43. 14 Ahmed, siehe Anm. 4, S. 170. Abb. 2: LD-Tiegel,© Technisches Museum Wien