DOI 10.60531/INSIGHTOUT.2024.2.5| HEILIG, LORENZ: QUEERING EXHIBITIONS_ INSIGHTOUT 2(2024) 25geholt haben. Dies ist somit kein naheliegender Vergleich und erfordert von den Teilnehmenden einengedanklichen Spagat. Das kann überfordern, frustrieren und vielleicht auch Zweifel anregen: Ist derVertrauensvorschuss, den die Teilnehmenden in dieFührung und in uns als Vermittler_innen geleistet haben, gerechtfertigt?Biografien in derTechnikgeschichteIn Erzählungen von Technikgeschichte überwiegtdas Narrativ des Genies, das zumeist cis-männlich,bürgerlich, ableisiert undweißist und ganz auf sichgestellt neue Technologien erfindet. Um damit zubrechen, gibt es Versuche, Biografien von marginalisierten Personen, die technologische Beiträgegeleistet haben, daneben zu stellen – dies versuchtetwa die Frauengalerie im Technischen Museum. DasSchildern dieser Biografien ermöglicht für(manche)Personen, die denselben systemisch benachteiligtenGruppen wie die vorgestellten Personen angehören,einen Moment der Identifikation und einen alternativen, vielleicht auch persönlicheren Bezug zur Technikgeschichte. Allerdings hat auch diese Methodeihre Schwächen. Personen, die Mehrfachdiskriminierung ausgesetzt waren und sind, hatten und habenes weitaus schwerer, im Technikbereich Fuß zu fassenund erfolgreich zu sein, weshalb sich weniger Vorbilder finden lassen. Mit der Erzählung von Biografienkönnen somit Normen reproduziert werden. Zudemgeraten wir in die Gefahr, den Erfolg von Personen ineinem stark diskriminierenden Umfeld zu heroisieren.Unser Versuch, damit in der Vermittlung behutsamund kritisch umzugehen, beinhaltet eine Kontextualisierung der historischen Ausschlüsse im Technikbereich und ihr Fortwirken.Abschließende Reflexionenund FragestellungenIn diesem Paper haben wir uns mit spezifischen Herausforderungen intersektionaler Vermittlung in technisch-historischen Ausstellungen befasst und dargelegt, welche Zugänglichkeiten und Ausschlüsse aufden verschiedenen Systemebenen im TechnischenMuseum Wien aufeinandertreffen. Dies umfasstneben den von uns genannten Aspekten wie Exponaten, Ausstellungsgestaltung sowie Erwartungshaltungen der Teilnehmenden auch von uns nicht berücksichtigte Elemente wie beispielsweise Sprache,Mobilität und andere Formen von Barriere(freiheit).In den beiden Fallstudien wurden verschiedene vermittlerische Methoden im Umgang mit Abwesenheiten und Ausschließungen vorgestellt und mittelsSara Ahmeds„Queering“-Begriff analysiert. In derEnergiewende-Führung mit intersektionalem Fokuskommt es durch eine Auslassung – die Abwesenheitvon Aktivist_innen aus dem globalen Süden in derAusstellung – zu einer Fehlrepräsentation. Die Führung setzt hier an und versucht, dem hegemonialenNarrativ intersektionale Perspektiven entgegenzustellen. Ziel ist es, die gesellschaftlich etablierteOrientierung – aktiv/weißund passiv/BIPOC – zustören. Indem marginalisierte Personen als handlungsmächtige Individuen sichtbar gemacht werden,soll das einseitige Gesamtbild korrigiert werden. DieBesuchenden werden mit Perspektiven und Bildernvon Verantwortung und Ungerechtigkeit konfrontiert, welche mitunter unangenehm sind und eineNeuorientierung erwirken können.Anhand der Führung„TMW que(e)r gelesen“ behandelten wir die Problematik der vermittlerischenAnbindung queerer Narrative an Ausstellungen, diediese Inhalte nicht explizit widerspiegeln. Wir gingender Frage nach, wie eine große Distanz zwischen Exponat und vermittlerischem Narrativ auf die Teilnehmenden wirkt. Das Hervorheben von Personen abseits der Mehrheitsgesellschaft, die technologischeBeiträge geleistet haben, ermöglicht einen Diskursüber Ab- und Anwesenheiten zu führen. Dabei ist eswichtig, abzuwägen, wo wir durch das Erzählen vonBiografien Identifikationsmöglichkeiten schaffen undwo wir gewisse Normen reproduzieren?