DOI 10.60531/INSIGHTOUT.2023.1.12| GERBER, KÜHNLENZ: ESSEN DE-KONSTRUIEREN_ INSIGHTOUT 1(2023) 9 Auch Gender ist nicht Hinterfragung von Selbstver­ständlichkeiten. selbstverständlich, sondern wird konstruiert. Doch was hat es mit dem Ansatz der Dekonstruktion auf sich? In den Geisteswissenschaften hat zunächst Jacques Derrida den Wie bei der Ernährung Begriff geprägt. Auf der Suche nach vielschichtigen und fluiden, handelt es sich um ein mithin nicht stabilen Bedeutun­gen im Feld von Essen und Er­soziokulturelles Phäno­men, das historisch, kulturell und diskursiv nährung ist sein Ansatz produk­tiv, um vorgeblich klar definierte und feststehende Praktiken, Ge­wohnheiten und Identitäten in ihrer Gemachtheit in den Blick zu nehmen. Essen und Ernährung werden so als situierte, kontext­bestimmt wird. abhängige und wandelbare Pra­xis sicht- und diskutierbar. Wie über sie(kollektive) Identitäten konstruiert und verhandelt wer­Auf unseren Tellern spielt sich mitunter Ungeheuerli- den, wie Ein- und Ausschlüsse(wo, wann, wie, was, ches ab: Vor wenigen Jahren wurde es in Restaurants warum und mit wem wir essen) produziert werden, und Küchen zum Trend, die Zutaten von Gerichten zu wie also Ernährung zum(diskursiv) umkämpften Feld separieren und neu zusammenzustellen. Durch die wird, verdeutlichen die Beiträge in dieser Ausgabe. andere Interpretation entfalten sich bestenfalls ganz neue Aromen und der Blick auf altbekannte Speisen Auch Gender ist nicht selbstverständlich, sondern ändert sich. Dekonstruktion macht auch vor dem Es- wird konstruiert. Wie bei der Ernährung handelt es sen nicht halt und enthält paradoxerweise ein kons­truktiv-gestaltendes Element. Über ein Jahr nach dem Workshop Feminist and Queer Perspectives on Food (5.  und 6. Mai 2022) im Technischen Museum Wien erscheint das erste Journal on Gender and Sexuality in STEM Collec­tions and Cultures. Die Aufgabe, dafür einleitende Worte zu finden, lädt dazu ein, nicht nur die Beiträ­ge zusammenzufassen, sondern auch die Erkennt­nisse aus den Vorträgen und Diskussionen zu reflek­tieren. Als roter Faden durch die Artikel erweist sich das Konstruieren und Dekonstruieren im Sinne einer Abb. 1: Auftakt des Workshops im Festsaal des Technischen Museums Wien