DOI 10.60531/INSIGHTOUT.2023.1.12| GERBER, KÜHNLENZ: ESSEN DE-KONSTRUIEREN_ INSIGHTOUT 1(2023) 11 Dass sich ein genauer Blick auf materielle Kulturen als Quelle(insbesondere in alltagsgeschichtlichen Zusammenhängen) lohnt und ein bislang oft übersehe­nes Potenzial für die Erforschung von race,class undgender birgt, betont Psyche Williams-Forson in ihrem Beitrag. Eine Analyse von Hausarbeit insettler colonial house and plantation museums, die erst in Ansätzen die dort verrichtete(Haus- und Sklaven-) Arbeit in den Blick nehmen, zeigt, wie die Fokussie­rung auf einfache Alltagsdinge intersektionale und machtkritische Sichtweisen der von race-,class­undgender -Asymmetrien geprägten Geschichte der USA und ihrer Vermittlung in Museen ermöglicht. Anhand verschiedener Haushaltsgegenstände und Kochutensilien in George Washingtons Mount Vernon Home Estate House Museum zeigt Williams-Forson, wie die Suche nach demabsent potential dieser Din­ge in eine intersektional sensibilisierte Aufbereitung und Vermittlung einer von Gewalt und Ungleichheit geprägten Geschichte münden kann. Essen und Trinken können als Mittel dienen, um Ge­meinschaft zu konstruieren. Holly Porteous zeigt das am Beispiel eines britischen Museums, das auch Bib­liothek, Archiv und Nachbarschaftstreffpunkt ist. Das Anbieten einer Tasse Tee erweist sich als inklusives Element für(neue) Besucher_innen es erleichtert ihnen nicht nur, die Schwelle zum Museum zu über­schreiten und ins Gespräch zu kommen, sondern hilft ihnen auch gegen Einsamkeit. Verwendet wird Por­zellanservice man erweist den Gästen also durch eine bestimmte materielle Kultur eine besondere Wertschätzung. So wird das Museum durch eine fe­ministisch neu gedeutete Praxis der Gastlichkeit zum inklusiven Ort, der Gemeinschaft und Zusammenhalt schafft. Philipp Hagemann und Alexander Wagner verste­hen Essen und Ernährung als dezidiert politische Felder und widmen sich in ihrem Beitrag dem Ver­hältnis von Essen, Klasse und familiären Sorgebe­ziehungen. Durch den Aufbau eines Forschungs­labors für Interventionen gegen Klassismus kurz *FLINK, angeleitet von den Kategorien Geschlecht, Materialität, Macht, Raum, Wissen, ‚Race und der Reflexion der eigenen Positioniertheit, sollen diver­sitäts- und klassismussensible Interventionsformate entwickelt und umgesetzt werden. Die eigenen Bio­grafien und Emotionen sind dabei ein ganz grund­legender Bestandteil der intersektionalen Erkun­dung nicht zuletzt medial vermittelter Diskurse, zum Beispiel in deutschen Lebensmittelwerbungen der 1990er und 2000er Jahre. Ihr Ansatz zeigt, dass die eigenen Erfahrungen und Sensibilisierungen für bestimmte klassistische Diskriminierungsformen situiertes Wissen hervorbringt, das als Ressource für Empowerment und die Thematisierung von Diskriminierungsstrukturen genutzt werden kann. Um den Text möglichst inklusiv lesbar zu machen, er­scheint er sowohl in englischer als auch deutscher Sprache. Ana Daldon erprobt mit einem Kartenspiel, wie Fett ausgestellt werden kann. Dass die Ergebnisse der Gruppenarbeit im Workshop so unterschiedlich wa­ren, zeigt auch die Konstruiertheit von Ausstellungen auf. Zugleich erweist sich der spielerisch-kreative Ansatz als queere Methode, indem die Grenzen zwi­schen Museumsexpert_innen, potenziellen Besucher_ innen, Lehrenden und Lernenden durch eine kol­lektive kuratorische Praxis aufgelöst werden. Nicht zuletzt weisen queerer und Fettaktivismus deutliche Gemeinsamkeiten und Parallelen auf, unter anderem im sprachlichen Sinne durch die Wiederaneignung abwertender Begriffe und Erfahrungen der Diskrimi­nierung und Pathologisierung. So sehr sich das Dekonstruieren als roter Faden durch den Workshop zog, so konstruktiv ist das Ergeb­nis. Nicht nur mündeten die Vorträge in diese erste Ausgabe von insightOut. Das gemeinsame Arbeiten und Erkunden, also der Austausch, hat die vermeintliche